Das Haus der Hildy Good
von Maxie Bantleon , 22. März 2017
Hildy Good ist eine der Romanfiguren, die mich, auch nachdem das Buch lange gelesen war, noch beschäftigt hat. Die Darstellung dieser Frau ist ungeheuer intensiv.
Einen Entzug -- ihre "Auszeit", wie sie ihn nennt -- hat Hildy auf Betreiben ihrer Töchter hinter sich. Nötig war er nicht, denn ihren Alkoholkonsum hatte sie doch immer unter Kontrolle. Nach mehreren Monaten völliger Abstinenz kann doch ab und zu ein Gläschen Wein am Abend nicht schaden?!
Erschreckt hat mich (auch wenn es kitschig klingt), dass ich als Leserin in eine Art "Co-Abhängigkeit" gerutscht bin. Man hat geraume Zeit irgendwie Verständnis für die einsame Hildy. Die halbe Flasche Wein am Abend, wenn der Stress im Beruf gar zu groß ist? Sie weiß doch, wann sie aufzuhören hat, oder etwa nicht? Um den Schein zu wahren, trinkt sie nur bei sich Zuhause, und "niemals einen Drink vor 17 Uhr". Doch irgendwie entgleitet ihr die Kontrolle; immer häufiger findet sie sich am nächsten Morgen in Situationen wieder, die absolut unerklärlich sind.
Als dann ein Kind verschwindet und Hildys einziger Freund Frank ihr Auto mit eindeutigen Unfallspuren heimlich reparieren lässt, steht plötzlich ihre ganze Existenz auf dem Spiel...
Ein lockerer Kleinstadtroman, der die Schwächen seiner Bewohner offenbart
9. März 2017
Die erfolgreiche Immobilienmaklerin Hildy Good versteht es nicht nur imposante Häuser zu verkaufen, sondern hat auch ein Faible dafür, hinter deren gut gebauten Mauern zu schauen. Egal, mit wem sie eine Besichtigungstour unternimmt oder welchen Bewohner des kleinen Küstenstädtchens Wendover besucht. Immer ist sie sofort im Bilde, was dieser vor anderen verbirgt. Mal sind es psychische Abnormitäten, die in Schach gehalten werden müssen, ein anderes Mal ist eine außereheliche Affäre, die aus dem Ruder läuft. Und während sie tief in die Seelen anderer Menschen schaut, kämpft auch sie mit einem Problem, das ihr zu entgleiten droht. Denn jeden Abend nach der Arbeit zieht sich Hildy Good in ihren Keller zurück, wo sie heimlich einen gut versteckten Rotwein genießt. Eine Sucht, die plötzlich außer Kontrolle gerät und fatale Ereignisse nach sich zieht..
?Das Haus der Hildy Good? ist ein lockerer Kleinstadtroman mit einer sympathischen Hauptfigur, der durch die in ihm verarbeiteten menschlichen Schwächen angenehm kurzweilig unterhält. Dabei ist es vor allem Hildy Goods turbulentes Leben, das als Dreh- und Angelpunkt für viele kleine Begebenheiten herhalten muss und sich, wie ein roter Faden durch die Handlung zieht. So erfährt der Leser aus ihrer Sicht, warum eine deprimierte Ehefrau und Mutter durch den Umgang mit Pferden ein neues Selbstwertgefühl gewinnt oder wie die Suche nach einem verschwundenen Jungen verläuft. Aber auch der alltägliche Tratsch macht vor ihrer Tür nicht halt, was in diesem Fall kein Wunder ist, da Hildy mit dem ihr gegebenen siebenten Sinn ausreichend Öl ins Feuer gießt. Doch neben allen diesen manchmal auch skurrilen Geschichten taucht der Leser tief in Hildys Leben ein und erlebt ihren immerwährenden Kampf mit und gegen den Alkohol. Ein ungeschönter Einblick, der ihre Abstürze und Lügen offenbart und ihre Bemühungen, diese vor anderen zu verbergen.
Fazit:
Ein Roman, der genauso vielfältig, wie das Leben ist und in wunderbar realistischer Weise Humor und Ernst in sich vereint.