Sieh mich an
von Brigitte Thaler , 13. November 2017
Zu Beginn des Romans erfahren wir, dass Katharina einen Knoten in ihrer Brust ertastet hat. Bis jetzt hat sie es noch keinem gesagt - nicht mal ihrem Ehemann Costas. Doch der Alltag muss weiter gehen: Da sind die Probleme mit ihrer 11jährigen Tochter Helli, die mit ADHS und der Pubertät zu kämpfen hat. Ihr Sohn Alex bringt seine erste Freundin mit nachhause. Und Costas ist unter der Woche in Berlin, und dieses Mal bleibt er sogar übers Wochenende auf einer Firmenfeier. Katharina lässt uns einen einzigen Tag an ihrem Leben Teil haben, und doch erfahren wir sehr viel über ihre Gefühle, Beziehungen, Freundschaften und Sorgen - ehrlich, schonungslos und mitfühlend erzählt.
Eine Frau mit gewaltigen Problemen
von PFIFF, 28. September 2017
Katharina, Mutter von zwei Kindern, etwas überfordert mit der Erziehung der lebhaften Tochter, lebt nach Listen, die ihr helfen sollen, den Alltag zu meistern und wichtige Dinge festzuhalten.
Der Dauerstress bringt sie an den Rand der Verzweiflung, noch dazu, weil sie weiß, dass sie einen Tumor in einer Brust hat, der ihr Leben bald beenden kann.
Ihr Mann, ein Architekt, ist viel unterwegs, die Beziehung hat sich abgekühlt, obwohl er liebevoll und aufmerksam ist.
Katharina versucht mit Hilfe ihrer Nachbarn, einem liebenswerten Gender-Paar, alle Familienmitglieder zufriedenzustellen, was ihr schlecht und recht gelingt, bis sie an einem Wochenende ausrastet, als das ihr Mann Costas angeblich nur geschäftlich auswärts verbringt.
Der ganz normale Wahnsinn einer Mutter, die versucht, alles richtig zu machen und dabei selbst zu kurz kommt.
Ein Roman, der bei mir gespaltene Gefühle hinterlässt
von gaby2707, 14. August 2017
Nun ist es schon 2 Wochen her, dass Katharina in ihrer Brust ein Etwas entdeckt hat, von dem sie glaubt, es nicht überleben zu können. Nun, an diesem Freitag, beginnt sie über ihr Leben und über sich nachzudenken.
Mit ihrem Mann Costas, der in Berlin arbeitet, führt sie eine Wochenendehe, bei der wohl beide nicht glücklich sind. Um das monatliche Gehalt ihres Mannes etwas aufzustocken, jobbt sie neben ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter in einer Schule für frühkindliche Musikerziehung. Sie fühlt sich mit der Kindererziehung alleingelassen, reagiert hier und da panisch, was ich angesichts der Tatsache, dass sie ihre Ängste mit niemandem teilt, auch verstehen kann. So vergeht ein Tag an dem sie ihr ganzes Leben vor mir ausbreitet.
Tochter Helena genannt Helli ist ein anstrengendes Kind, mir in ihrer ungezogenen, manchmal taktlosen, unüberlegten Art teilweise richtig unsympathisch, auch wenn Kathi versucht, ihre Ausbrüche zu bagatellisieren. Kathis Mutterliebe konzentriert sich sehr stark auf ihre Tochter, die schon seit der Geburt sehr schwierig ist.
Dagegen ist der 17-jährige Alex ausgesprochen unauffällig und liebenswert.
Mir ist das Lesen teilweise richtig schwer gefallen und ich musste alle Konzentration aufwenden, um die manchmal sehr langen Schachtelsätze zu verstehen, was meinen Lesefluss gestört hat.
Genau so ging es mir beim Lesen, wenn die Handlung immer mal wieder in die Vergangenheit sprang. Hier hätte ich mir ab und an ein neues Kapitel gewünscht. So aber fließt alles ineinander wie ein langsamer Fluss ohne Spannung, ohne Kurven und ohne Stromschnellen. Es war mir einfach hier und da etwas zu langweilig. Andererseits finde ich die angeschnittenen Themen großteils interessant aufgearbeitet.
Zum einen sehr zart und gefühlvoll, zum anderen extrem chaotisch und nachdenklich; Protagonisten, die meinen Lesenerv leider nur manchmal getroffen haben ? ich hatte so meine Probleme mit der Lektüre. Die Geschichte und ihre Handelnden haben mich leider nicht fesseln können.
Das Besondere hat gefehlt
13. August 2017
Mareike Krügels Roman ?Sieh mich an? nimmt den Leser mit, den vielleicht nicht ganz alltäglichen Alltag von Ich-Erzählerin Katharina (verheiratet, zumindest an den meisten Wochenenden und zwei Kinder, eines davon etwas schwierig ? um es vorsichtig auszudrücken) für einen Tag zu begleiten.
Es hat mir schon zu Beginn gefallen, dass man ohne langes Vorgeplänkel sofort in die Handlung geworfen wird und gut sehen kann, mit welchen Problemen Katharina jeden Tag zu kämpfen hat. Nicht ganz unschuldig ist hier ihre Tochter Helena, genannt Helli, die im Verlauf des Tages nicht das letzte Mal für Chaos gesorgt haben wird. Ich muss zugeben, dass ich Helli als sehr anstrengend empfunden habe. Sicherlich war das von der Autorin durchaus so gewollt, aber stellenweise hat mir hier das Lesen kaum noch Spaß gemacht und ich empfand das Buch in manchen Momenten doch als gute Werbung gegen das Kinderkriegen ? auch wenn das vielleicht eine eher unpopuläre Meinung sein mag.
Grundsätzlich vermochte das Buch dennoch gut zu unterhalten. Dies lag in erster Linie am Schreibstil, der sich durchweg sehr gut lesen ließ und trotz teilweise inhaltlich spannungsarmer Passagen doch immer wieder zum Weiterlesen animierte. Die Autorin schaffte hier eine schöne Balance, so dass das Buch sich nie dem eher Easy-to-read-Stil beispielsweise eines Chick-Lit-Romans annäherte, aber andererseits auch nicht überzogen und schwurbelig wirkte.
Ein wenig Bedenken hatte ich beim Lesen des Klappentexts, dass der Roman angesichts der angekündigten Ereignisse des abgetrennten Daumens oder des brennenden Trockners ins Alberne abdriften konnte, aber glücklicherweise war dem nicht so. Andererseits muss ich hier auch gleichzeitig sagen, dass _trotz_ dieser nicht alltäglichen Kuriositäten keine große Spannung entstand. Irgendwie hatte ich durchweg das Gefühl, dass trotz aller unterschwellig angedeuteten Ernsthaftigkeit die Handlung durch den Tag plätscherte. Der Roman zog in seiner Gesamtheit ein wenig zu belanglos an mir vorbei, daran konnte auch die ernsthafte und unterschwellig stets präsente Thematik des Es-muss-sich-was-Veränderns nicht viel ändern.
Letztendlich schwankte ich gegen Ende zwischen einer Bewertung von drei oder vier Sternen, da das Buch ja trotz der Kritikpunkte durchaus gut unterhalten konnte? aber leider, leider folgte das Finale in einer Szene, die für meinen Geschmack einfach nicht hätte sein müssen. Nicht, weil ich spießig bin, sondern weil genau hier das befürchtete Übertriebene in geballt auf den Leser einstürzte und ich gar nicht so viel mit dem Kopf schütteln konnte, wie ich wollte. Schade, denn so bleibt doch letztendlich ein etwas fader Nachgeschmack, da zumindest für mich die Szene zu stark im Gedächtnis bleibt. Deshalb gebe ich ?Sieh mich an? gute drei Sterne.
Sieh mich an
von Michaela Maczejka , 7. August 2017
Katharina hat eine Entdeckung an sich gemacht, die einen jähen Einschnitt in
ihr Leben bedeuten könnte. Für den Moment möchte sie dieses Geheimnis
noch für sich behalten, zumindest ein Wochenende lang soll alles so sein wie immer. Das bedeutet einfach den normalen Wahnsinn des Alltags: die verhaltenskreative Tochter Helli vorzeitig von der Schule abholen, ein Unfallopfer im Nachbargarten versorgen, den brennenden Trockner löschen und den überraschenden Besuch eines alten Studienfreundes emotional zu verarbeiten.
Dabei kreisen ständig die „großen“ Fragen in ihrem Kopf: Ist alles so geworden, wie sie es immer wollte? Ihre Kinder, ihre Musik, die Ehe mit Costas?
Erst am Ende des Tages beschließt sie, endlich ihr Geheimnis mit jemandem zu teilen, den sie liebt…
Diese Geschichte ist eine hinreißende, kluge Achterbahnfahrt der Gefühle, die noch lange nachwirkt.
Überaus gelungen
von yellowdog, 30. Juli 2017
In dieser überaus gelungenen Familiengeschichte stehen die Gedanken der Mutter, die Icherzählerin ist, im Mittelpunkt. Ihr Mann ist aus beruflichen Gründen unter der Woche entfernt in Berlin und kommt immer nur zum Wochenende. Klar, dass das die Beziehung belastet.
Sie arbeitet als Musikerzieherin im Kindergarten und hat zwei Kinder. Die ca. 11jährige Tochter Helli, die ADHS hat und entsprechend schwierig sein kann und der 17jährige Alex, der ruhig und ausgeglichen wirkt.
Dann gab es mit Berenike offenbar noch ein drittes Kind, das aber nicht anwesend ist. Das ist ein Geheimnis des Romans.
Mir gefällt wie realistisch und lebhaft die Figuren wirken.
Durch die Erzählart kommt man der Hauptfigur ziemlich nahe. Sie ist eigentlich eine normale Mutter mit den typischen Problemen und einem Hang zur Übertreibung, obwohl Hellis ständiges ?überdreht sein? natürlich wirklich Probleme macht.
Zur Zeit steht die Protagonistin neben sich, da sie denkt, dass sie erkranken wird und hat ihre Eigenarten, zum Beispiel denkt sie viel über die Vergangenheit nach und führt diverse Listen, um sich über ihr Leben klar zu werden.
Dann taucht mit Kilian ein Jugendfreund auf.
Aber es widerstrebt mir, mehr über die Handlung zu verraten. Wobei es eigentlich nicht viel Handlung in dem kurzen Roman gibt. Trotzdem wird es nie langweilig. Das Buch strahlt eine eigenständige Atmosphäre aus. Ich halte Mareike Krügel für eine außerordentlich begabte Autorin, bei der es mich nicht wundern wird, wenn sie in Zukunft auf Listen zu deutschen Literaturpreisen auftauchen wird. Vielleicht ja schon mit diesem Buch!