Das Geschenk.
von , 1. Juni 2015
Maria Elisabeth Straub. Das Geschenk.
Ich kannte die Autorin nicht. Ich weiß auch nicht mehr, wie mir dieses Buch in die Hände viel.
Auf einmal war es da, in der Handtasche, abends bei mir am Nachtkastl.
Also ja, so einfach ist es nicht. Vorher lese ich rein. Und die Sprache ist so gut, die Geschichte ab der ersten Sekunde so dicht, dass es mitmusste. Tagsüber kann ich so schwer durchlesen. Aber nachts. Da ist Stille, ich mit mir und einer Geschichte. Mitleben mit ihr.
Vordergründig ist es die Geschichte eines jungen Mädchens in einer Welt, in der Männer und die Kirche das Sagen haben. Das tägliche Leben, die Zukunft, die Entscheidungen sind von diesen Institutionen bestimmt. Unhinterfragbar.
Sie muss sich auch fügen. All ihre Widerstände helfen ihr nicht. Auch ihre Mutter unterstützt sie nicht. Der Wille des Gesetzes, des Vaters, ist zu befolgen.
Zwangsverheiratet mit einem alten Mann, bereits geschwängert, bereits sichtbar geschwängert, begibt sie sich mit ihrem Anvertrauten, der ihr Großvater sein könnte in die andere Stadt. Ihre widerspenstige Freundin ist schon verheiratet und es wird Jahre dauern, bis sie sich wiedersehen.
Das Geschenk. So nennen sie viele Mädchen. Frauen legen nach der Geburt ihr Mädchen vor die Füße des Mannes. Als Geschenk. Es liegt an ihm, es anzunehmen.
In dieser Zeit, vor 2000 Jahren.
Und doch scheint mir die Geschichte so aktuelle. Geht es nicht noch immer vielen Frauen auf dieser Welt so? Ist das feministische Literatur? Wie eine Frau ihr Leben bewältigen kann, mit ihrem Bastard? Der zwangsangeheiratete Mann, der sie nicht verstößt, als er das gelegte Kuckucksei bemerkt. In der Hochzeitsnacht. Es steht Spitz auf Knopf. Er hätte das Recht sie des Hauses zu verweisen. Tut es dann aber nicht. Offenbar waren die Hochzeitsgaben ihres Vaters Überzeugung genug.
Ihr Bastard. Sie nennt ihn Mamser. Ein Mamser darf keine Kinder zeugen. Wie viel Schmerz ihm das bereiten wird.
Sie bekommt dann noch sieben weitere Kinder mit ihrem Mann. Sie leben gemeinsam mit den Schwiegertöchtern im Haus. Sie managt die Großfamilie. Ihre Töchter, bereits verheiratet, hat sie seitdem nicht mehr gesehen.
Maria Elisabeth Straub erzählt einen Tag in Marias Leben (Maria=Das Geschenk). Es ist der Sterbetag ihres Mannes, des Hölzernen, wie sie ihn nennt. Der Zimmermann. An diesem Tag reflektiert sie ihr Leben, erinnert sich. Und bereitet alles vor. So, wie es sich gehört. Wenn ein Mensch im Haus zum Sterben zusammenrichtet.
Ihre unterschiedlichen Kinder. Sie kennt die Charaktere und muss auch sein lassen. Der Mamser wird sie verlassen. Wenn der Hölzerne gestorben ist. Dies wird ihr größter Verlust sein.
Wir lesen die Geschichte von Maria, Mutter Gottes. Der Mamser ist Jesus von Nazareth, der Hölzerne Josef. Ein reelles Leben. Ein menschliches Leben. Ein Buch voll tiefen Zutrauens in Gott.
Sie hat alles gegeben, um ihr Kind in ihrem Leib zu retten. Ihr Leben. Er ist der Grund ihres Einfügens in die väterliche Gewalt. Er soll leben.
Eine kraftvolle Frau wird uns hier vorgestellt. Klug und pragmatisch. Eine Zeit, wo man mit den Menschen zusammenlebt, die in der unmittelbaren Nähe sind. Die wegziehen, sind nicht mehr erreichbar.
Aber was mich wirklich so beeindruckt hat, ist dieser Stil, die Tiefe, die Klarheit und Pragmatik dessen, was Leben ist. Die Endlichkeit. Die Seite der Frau.
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