Frankfurt/Vergangenheit-Sydney/Gegenwart
von Susanne Pichler, 14. September 2016
Ein erfolgreicher Anwalt, Mitte 60, verwitwet und Seniorpartner in einer angesehenen Frankfurter Kanzlei, befindet sich geschäftlich in Sydney. Nach erfolgtem Vertragsabschluss gönnt er sich einen Besuch in der Art Gallery und stößt unvermittelt auf das Porträt "Frau auf einer Treppe". Das jahrzehntelang verschollene Gemälde wühlt ihn auf; ist er doch mit diesem Gemälde auf seltsame Art verbunden. Während er einer Detektei den Auftrag erteilt, den Besitzer des Bildes zu finden, schweifen seine Gedanken gut 40 Jahre in die Vergangenheit zurück.
Als junger Anwalt stellte die "Frau auf einer Treppe" sein Leben gehörig auf den Kopf. Der aufstrebende Maler Karl Schwind, heute weltberühmt und verehrt, erhielt vom Industriellen Peter Gundlach den Auftrag, seine Frau zu malen. Zwischen Schwind, Gundlach und Irene entwickelte sich eine seltsame Dreiecksgeschichte, in deren Mittelpunkt immer das fertige Gemälde stand. Irene verließ Gundlach für Schwind und Schwind letztendlich für das Gemälde. Der Anwalt, als Vermittler gedacht, verfiel wiederum Irene und wurde von ihr beiläufig ausgenutzt. Nach turbulenten Monaten verschwanden schließlich Irene und das Gemälde für gut 40 Jahre.
Die Detektei spürt schließlich Irene auf und der Anwalt macht sich sofort zu ihr auf den Weg. Sie lebt nördlich von Sydney in einer abgelegenen Bucht. Die Jahre sind nicht spurlos an ihr vorbeigegangen. Aus der strahlenden jungen Frau ist eine alte kranke Frau geworden, die so gar nichts mit der Irene der Vergangenheit gemeinsam hat. Dennoch verfällt ihr der Anwalt sofort wieder, auch als er erfährt, dass die Ausstellung des Bildes einzig und allein dem Zweck dient, Schwind und Gundlach nach Australien zu locken. Seine Anwesenheit spielt keine Rolle, ob er hier ist oder nicht, hat für Irene keinerlei Bedeutung. Irenes Plan geht auf. Es kommt zum Showdown zwischen ihr, Schwind und Gundlach.
Mich konnte dieser Roman leider nicht überzeugen. Obwohl die ersten Seiten sehr vielversprechend klangen und auch die Geschehnisse in der Vergangenheit ausreichend Stoff für Auswirkungen in der Gegenwart geboten hätten, verliert sich das Buch sehr bald in Andeutungen und Nichtigkeiten. Der Anwalt, der bis zum Ende des Buches keinen eigenen Namen bekommt, verhält sich meiner Meinung nach völlig unlogisch. Er kann sowohl auf ein erfülltes Privatleben als auch auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken, dennoch stellt er alles in Frage sobald er auf Irene trifft. Jene Irene, die mit ihm gespielt hat, die ihn ausgenutzt und belogen hat und die ihm bei jeder Gelegenheit sagt, wie wenig sie von ihm und seinem gewählten Lebensweg hält. Schwind und Gundlach verhalten sich nur geringfügig besser. Sie alle agieren wie Marionetten, die vom Schriftsteller vorgegebene Sätze, mehr schlecht als recht, aufsagen müssen. Es ist seltsam, wie unbeholfen drei erfolgreiche und einflussreiche Männer agieren müssen. Ebenso überflüssig sind die kurzen Hinweise auf die Familie des Anwalts. Sie bringen die Geschichte weder voran noch erklären sie irgendetwas.
Für mich bleibt "Die Frau auf der Treppe" relativ farblos. Sie ist immer nur ein Buch, entwickelt kein Eigenleben und keine Faszination. Die Figuren sind nicht Fleisch und nicht Fisch, man entwickelt für Niemanden eine bestimmte Sympathie oder Antipathie. Die Handlung bleibt einem somit letzten Endes auch egal.