Wirklich gut
von SLovesBooks, 11. Dezember 2017
Meine Meinung:
Bei diesem Roman hat mich vor allem das große erzählerische Talent der Autorin begeistert. Sie hat einen tollen Entwicklungsroman erschaffen. Ihre Protagonistin wirkt über alle Maßen realistisch. Die Alkoholabstürze wirken detailliert obgleich die Autorin beabsichtigt nicht alles preisgeben will, was währenddessen passiert ist.
Sie setzt die Alkoholkrankheit und die daraus resultierenden Abstürzen gekonnt in Kontrast zu der Flora und Fauna der Islands. Der Leser bekommt ein ganz tolles und vor allem erzählerisch gekonnt geschildertes Bild präsentiert. Hier bemerkt man welche Macht Wort haben und welche Bilder sie entstehen lassen können ohne, dass man als Leser selbst je dort war.
Der Entzug wird in all seinen schrecklichen Einzelheiten durchlebt. Die Autorin schildert hier autobiografisch ihren Leidensweg und ist dabei schonungslos ehrlich. Es ist keine leichte Kost. Auch ist es noch lange keine Selbstverständlichkeit, dass man so offen mit seinen eigenen Fehlern umgeht und über seine Probleme schreibt.
Dieses Buch hat mich ob seiner drastischen Gegensätze beeindruckt. Es war abseits meiner Lesegewohnheiten aber genau das muss ich öfter machen. Ein tolles Buch, lediglich hätte ich mir ein wenig flüssigeren Schreibstil gewünscht, sodass es sich flotter lesen ließe.
Nachtlichter
von Barbara Kumpitsch , 25. Oktober 2017
Dass die Natur heilsam für die Seele ist, das hat uns Helen McDonald in ihrem preisgekrönten Werk "Habicht" bewiesen. Genauso fantastisch schreibt Amy Liptrot über ihre Heimatinsel Orney (Schottland). Der Wind ist ständig präsent, und doch können sie die Erinnerungen an die Großstadt (London) nicht ganz vertreiben. Amy Liptrop hat ein ganz persönliches Buch geschrieben, ihre Alkoholsucht hat ihr 10 Jahre lang zugesetzt. Die Landschaft ist umwerfend beschrieben, im wahrsten Sinne des Wortes. "Nachtlichter" ist für mich ein Buch, das man nie mehr vergessen wird!
offen und ehrlich
von begine, 19. Oktober 2017
Die Autorin Amy Liptrot beschreibt nüchtern und ehrlich vom ihrem Leben als Alkoholikerin. Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, wie das ist, wenn die Sucht so das Leben bestimmt. Leider gibt es so viele und die Familie muss auch darunter leiden.
Nach einem schlimmen Erlebnis geht sie endlich in die Suchtklinik.
Dann zieht sie nach Orkney, da ist sie aufgewachsen und leben ihre Eltern.
Ihre Beobachtungen der Insel ist interessant. Sie lenkt sich ab, denn immer wieder möchte sie am Liebsten wieder etwas trinken.
Ihre Arbeit mit den Schafen war witzig.
Und dann als Wachtelkönigsweib, eine prima Arbeit.
Als Abstinenzlerin ist es schwer sich mit anderen Leuten zu treffen, wenn die etwas trinken, ist Amys Willensstärke gefragt. Bei ihren anderen Aktivitäten wird sie abgelenkt. Immer wieder erzählt sie von ihren Abstürzen.
Eine immer weder große Herausforderung nüchtern zu bleiben.
Hoffentlich hält sie weiter durch, trocken zu bleiben, aber sie will es selber.
Ein Roman über den Kampf mit der Sucht. Daneben aber eine schöne Landschaftsbeschreibung.
Orkney und die Klippen
von yellowdog, 15. Oktober 2017
Autobiografisches Erzählen wird zur Literatur, wenn der Autor oder die Autorin über eine entsprechende Sprache verfügt und ein oder mehrere Themen behandelt, die Relevanz besitzen. Für das beeindruckende Buch Nachtlichter ist das meiner Meinung nach der Fall. Es geht um Heimat und Familie und seinen Platz im Leben zu finden. Schwierigkeit dabei ist die Alkoholsucht, die sich anscheinend aus der Lebensgier der jungen Frau ergibt.
Autobiografische Bücher haben mich zuletzt ebenfalls von z.B. Delphine de Vigan oder Arno Frank fasziniert, aber Nachtlichter würde ich vom Lesegefühl vielleicht mehr mit Jeanette Walls Schloß aus Glas vergleichen, das vor kurzen verfilmt wurde. Auch in Nachtlichter werden starke Bilder von Menschen und Landschaft entworfen, die beim Leser nachwirken.
Der Alkohol hat Amy fest im Griff. Ihre Weltverlorenheit als Studentin in London kommt deutlich hervor. Auch später ruiniert ihr betrunkener Zustand ihre Beziehung und sie verliert ihre Jobs. Treffen der anonymen Alkoholiker oder Vorschläge der Therapeutin greifen nicht. Es gibt einige bedenkliche Vorfälle, sogar einen Überfall auf die betrunkene Amy. Erst eine intensive Therapie hilft kurz vor dem Abgrund, aber es ist ein schwerer Kampf. Dann folgt die Heimkehr, um wieder ins Leben zu finden. Die Gegend, aus der sie früher immer nur weg wollte, beginnt ihr etwas zu bedeuten. Das sind zum Beispiel die abgelegten und unbewohnten Inseln, die rau und windgepeitscht ihren eigenen Zauber haben. Bezüglich der Tiere auf der Farm oder den Vögeln gibt es detailreiche, beinahe dokumentarische Passagen, die dem Leser klar machen, dass es sich hier nicht um einen konventionellen Roman handelt. Hier engagiert sich Amy intensiv. Das erinnert stark an H wie Habicht von Helen MacDonald. Wer das Buch mochte, wird auch mit Teilen von Nachtlichter etwas anfangen können. Bei mir ist inzwischen der Appetit auf solche Bücher deutlich gewachsen!
Süchtig
von Daffodil, 12. Oktober 2017
Nachtlichter“ ist wunderbar und zugleich schwer zu lesen. Kaum zu ertragen sind die schrecklichen alkoholbedingten Abstürze der Autorin. Kann man tiefer sinken? Ja, doch, aber Amy Liptrot will dem Teufelskreis der Sucht entkommen.
Aufgewachsen auf einer menschenarmen Orkney–Insel, mit einem manisch–depressiven Vater und einer zur Religion abgewanderten Mutter, sucht sie Abwechslung, Coolness und Karriere in London. Der Kick stellt sich nur nach immer mehr Alkohol ein. Peinliche Vorfälle, Jobverluste, Wohnungsnot, der Verlust des Freundes folgten. Versuche, trocken zu werden, ihre Unzufriedenheit abzulegen, scheitern mehrfach.
Ein erster Erfolg: mit Hilfe eines dreimonatigen Programms bleibt sie erstmals längere Zeit trocken. Eine Flucht zurück zu ihrem Geburtsort soll weiter helfen. Die Ablenkung durch harte Arbeit ist nur teilweise erfolgreich, die Lust auf Alkohol bleibt. Amy hat stets das Gefühl, dass etwas fehlt. Sie taucht tief ein in die Natur, erforscht verschiedenste Gebiete und analysiert sich selbst. Sie nimmt den Leser schonungslos ehrlich mit in ihre Welt. Dabei wird so viel Wissen eingewebt! Orkneys Einwohner heißen Orkadier. Was für Wolkenarten gibt es, was hat es mit dem Wachtelkönig auf sich, wie baut man Trockenmauern, woher kommen einige merkwürdige Worte, was passiert beim Ablammen? Kleinste Inseln, seltene Tiere, Grabhügel werden erforscht, Sagen erzählt.
Amy verbringt den Winter auf Papay. Dort leben 70 Menschen. Auch über ihre Bräuche erfährt der Leser Einiges: Muckle Supper, First Footing, Papay Gyro Nights. Genaue Naturbeobachtungen über die „Merry Dancers“, Luftspiegelungen, geografische Auffälligkeiten, Nebelwarnsysteme faszinieren.
Trotzdem ist da noch immer das bekannte Gefühl, abgelehnt zu werden, etwas zu verpassen. Amy stellt sich immer neuen Herausforderungen.
Ein sehr ehrliches, umfassendes Buch, das eine Lebensetappe anschaulich und offen beschreibt. Gleichzeitig eine liebevolle Beschreibung der Schottischen Inselwelt. Absolut lesenswert.