Unorthodox
von Maxie Bantleon , 18. November 2021
Ich bin ja froh, dass auf dieser Ausgabe von Deborah Feldmans großartigem Roman nicht steht "Das Buch zur Serie" -- das ließe es ja so aussehen, als hätte es die Serie zuerst gegeben. Nichtsdestotrotz hat mir auch die Serie wirklich gut gefallen, obwohl sie sich ja doch in vielem von der literarischen Vorlage unterscheidet.
Aber nun zum Buch:
Ein ultra-orthodoxer Jude? Damit habe ich bisher nicht mehr verbunden als Männer mit langen Schläfenlocken und Kippa auf dem Kopf, die den Talmud studieren.
Deborah Feldman wächst in der ultraorthodoxen Gemeinde der Satmarer in einem von der Außenwelt praktisch abgeschotteten Viertel in Brooklyn auf. Die Satmarer leben sektenähnlich nach den radikalsten Regeln einer jüdischen Gruppe weltweit. Die englische Sprache ist verboten, Bücher sind verboten, es gibt strengste Kleidungsvorschriften, in einigen Gegenden gibt es sogar getrennte Gehsteige für Frauen und Männer.
Deborah bemüht sich, "ein eydel Mädchen" zu sein, aber schon von klein auf eckt sie an und lehnt sich gegen die strengen Regeln auf. So lernt sie zum Beispiel heimlich Englisch, widerspricht den Lehrern und versteckt die heimlich ausgeliehenen Bücher unter der Matratze. "Dieses Verhalten hat mich gebrandmarkt als Mechizef, als Übermütige."
Mit 23 Jahren ist sie seit sechs Jahren in einer arrangierten Ehe gefangen und Mutter eines kleinen Sohnes. Unter anderem ist es der bevorstehende Eintritt ihres Sohnes in die Talmud-Schule, der ausschlaggebend dafür ist, dass Deborah mit ihrer Vergangenheit bricht. "Ich kann mir nicht vorstellen, ihn in dieses kleine, stickige Leben zu entlassen, während ich mich so sehr nach einem freien sehne."
Warum ist dieses Buch so lesenswert? Auf den ersten Blick ist es faszinierend und erschütternd, einen Einblick in eine Welt mit völlig fremden Sitten zu erhalten. Ich konnte es kaum fassen, dass mitten in New York wahrhaftig Mensche so abgeschottet in einer Art Ghetto leben können.
Aber vor allem ist es der Bericht einer jungen Frau, die mutig und stark genug war, sich von religiösem Extremismus loszusagen und ihr Recht auf Bildung zu verwirklichen. Nicht zuletzt ihre große Liebe zur Literatur hat ihr dies ermöglicht.