Das Buch ist ein Fest
von Gudrun Gaber, 21. Januar 2018
Bitte gönnen Sie sich herrliche Lesestunden mit dieser großartigen Geschichte im Hotel Metropol!
Ein Gentleman in Moskau
von CanYouSeeMe, 15. September 2017
‚Ein Gentleman in Moskau‘ ist mein erster Roman des Autors Amor Towles, wird jedoch nicht mein letzter bleiben.
Der Schreibstil ist gut zu lesen, er ist angenehm und zurückhaltend, sehr ruhig und plätschert teilweise vor sich hin. Mich konnte der Schreibstil für sich einnehmen.
Die Charakterdarstellungen sind ebenso zurückhaltend wie der Schreibstil. Die Beschreibungen der Personen sind tatsächlich auf das Wesentliche begrenzt, als Leser erfährt man bei den meisten Charakteren nur das, was notwendig ist. Ich konnte mir von jeder Person ein gutes Bild machen, hätte mir jedoch stellenweise facettenreichere Personen in der Handlung gewünscht. Graf Rostov war in meinen Augen ein eher vager Protagonist, obwohl er solide charakterisiert wurde und authentisch wirkte. Für mich war er jedoch relativ vorhersehbar, was natürlich auch seinen eher vorhersehbaren Lebensumständen geschuldet sein kann. Nichtsdestotrotz habe ich ihn mit seiner flapsigen Art ins Herz gschlossen.
Die Szenerie des Grafen unter Hausarrest empfinde ich als eine schöne Grundlage für den Roman, daraus können sich interessante Gegebenheiten und Ereignisse gestalten. Im gegebenen Fall war das nur selten so. Die Handlung plätscherte meist vor sich hin, war ruhig, unaufgeregt und meist vorhersehbar. Dennoch habe ich mich in der Handlung größtenteils wohlgefühlt. Die Monotonie, die trotz kleinerer oder größerer Unterbrechungen herrschte, hat für mich die Situation des Grafen gut repräsentiert. Eine Sache, die mich beim Lesen etwas durcheinandergebracht hat, war der für mich undurchschaubare zeitliche Ablauf. Einige Kapitel waren mit einer Jahreszahl versehen – daraus habe ich gefolgert, dass wir uns in eben diesem Jahr befinden. An anderen Stellen gab es jedoch Zeitsprünge, die nicht durch eine entsprechende Jahreszahl markiert wurden. So bin ich durch diese zeitlichen Sprünge etwas ins Schleudern geraten.
Insgesamt war ich mit der Lektüre des Buches durchaus zufrieden, es hat zum größten Teil meinen Erwartungen entsprochen. Der Graf war ein interessanter Protagonist, dem ich gern durch sein Leben im Metropol gefolgt bin.
Wunderbar leicht erzählt
von TanyBee, 21. August 2017
Graf Alexander Rostov wir am 21. Juni 1922 vor das Notstandskomitee des Volkskommissariats berufen. Im Gegensatz zu vielen anderen Adligen wird er nicht zum Tode verurteilt, sondern zu lebenslangem Hausarrest im Hotel Metropol, in dem er gerade wohnt. Der Graf ist ein wahrer Gentleman: er weiß mit Menschen umzugehen, er kennt sich mit Wein und gutem Essen aus, er weiß die schönen Dinge im Leben zu schätzen. Als er nach einigen Jahren des Hausarrests verzweifelt, ist es ausgerechnet ein kleines Mädchen, dass ihm die Lebensfreude zurückgibt und ihm ganz andere Seiten am Hotel Metropol zeigt, obwohl er doch glaubte, es bereits in und auswendig zu kennen.
Beim Lesen dieses Buches musste ich oft an die Serie ?Downton Abbey? denken, obwohl der Schauplatz und die Umstände ganz andere sind. Ich denke, die Lebenseinstellung des Grafen war es, die mich so daran erinnert hat. Obwohl er einige Schicksalsschläge zu verkraften hat bewahrt er immer die Contenance und bleibt ein wahrer Gentleman. Die Geschichte wird so leicht und locker und amüsant erzählt, dass man oft die ernsten Hintergründe vergisst. Denn der Graf befindet sich eigentlich in ständiger Lebensgefahr und in Russland tobt die Revolution und später ein Krieg.
Das Hotel Metropol ist nun die ganze Welt des Grafen, und so werden die Angestellten und Gäste dort die Bevölkerung seiner Welt. Die Freundschaften, die dabei entstehen sind ganz wunderbar. Es ist so rührend zu lesen, wie sich die Freundschaft zu Nina, dem kleinen Mädchen, entwickelt und ihn schließlich rettet.
Ich mochte bereits ?Eine Frage der Höflichkeit? vom Amor Towles sehr gerne und auch ?Ein Gentleman in Moskau? hat mich nicht enttäuscht. Wunderbar leicht zu lesen, ein Schmöker, ohne dabei kitschig zu sein und trotzdem mit ernstem Hintergrund. Das Buch hat 560 Seiten und ich möchte keine einzelne missen. Im Gegenteil: wenn es in der Handlung einen Zeitsprung gab dachte ich immer: Aber was ist zwischendurch passiert? Ich will alles wissen! Aber der Autor weiß es natürlich besser als ich: er erzählt kein Wort zu viel und keines zu wenig.
Eine große Empfehlung!