Fesselnde und nachdenklich machende Geschichte
von Glücksklee, 9. April 2020
Mit „Ein wenig Glaube“ hat Nickolas Butler, der Autor von „Die Herzen der Männer“ seinen neuesten Roman vorgelegt. In dessen Zentrum steht der Großvater Lyle Hovde, der nach einem schweren Schicksalsschlag seinen Glauben verloren zu haben scheint. Damit kommt der ältere Mann eigentlich ganz gut zurecht, bis seine Tochter Shiloh den Enkelsohn Isaac durch ihre Mitgliedschaft in einer sektenartigen Kirchengemeinde in große Gefahr bringt.
Nickolas Butler hat ein feines Gespür für Worte und wählt die Szenen, die er seinen Lesern präsentiert, geschickt aus. Da sind Momente aus Lyles Vergangenheit, schöne und schmerzhafte. Da sind Momente aus der Gegenwart, die die liebevolle Beziehung der Großeltern zu ihrem Enkelsohn darstellen. Da sind die Momente, in denen der Glaube und die Bedeutung, die dieser für die einzelnen Protagonisten spielt, beleuchtet werden. Welchen Raum nimmt der Glaube in einer Familie ein? Wie stark urteilen selbst eng verbundene Menschen übereinander? Darüber, wie tief ihr Glaube ist? Das sind nur einige der Fragen, die Nickolas Butler meiner Meinung nach in seinem neuesten Roman thematisiert.
Insbesondere die am Ende des Romans stehenden Anmerkungen des Autors zu der Begebenheit, die wohl den Anstoß für die Geschichte gegeben hat, hat mich emotional mitgenommen. Wie weit sind Menschen bereit, für ihre Überzeugung zu gehen und dabei nicht nur das eigene Wohl, sondern selbst das der eigenen Kinder aufs Spiel zu setzen?
Das einzige, was ich Nickolas Butler zu „Ein wenig Glaube“ negativ ankreide, ist, dass er gewisse Aspekte der Geschichte offen Enden lässt. Ich möchte hier nicht zu viel verraten, da ansonsten vielleicht Dreh- und Angelpunkte der Geschichte spoilern würden. Aber selbst dieses meiner Meinung nach bewusste „Nichtzuendeführen“ einzelner Handlungsstränge fordert den Leser eigentlich mehr als alles andere dazu auf, sich selbst eine Meinung zu bilden, wie die Geschichte ausgehen bzw. weitergehen sollte.
Ich war jedenfalls absolut gefesselt von der Handlung und vergebe fünf von fünf möglichen Sternen für diesen großartig erzählten Roman.
Zwischen Glaube und Fanatismus
von skiaddict7, 21. März 2020
"Dass sich eine Gruppe mutiger, hochherziger Individuen zusammenfindet und entscheidet, gemeinsam die Stimme zu erheben, um die Stille zu vertreiben, um einen ansonsten leeren Raum mit Kunst und Klang zu füllen... Wie wunderschön das doch war."
Lyle ist fünfundsechzig, er lebt mit seiner Frau Peg zusammen in einem kleinen Dorf im mittleren Westen, wo die Zeit still zu stehen scheint. Seine größte Freude ist der fünfjährige Enkelsohn Isaac. Doch seine Tochter Shiloh, die Mutter des Jungen, gerät immer mehr in die Fänge ihrer Kirche, dessen Pastor ihr einredet, die Großeltern seien nicht gläubig genug und deshalb schlecht für das Kind. Und so droht Shiloh, sie von Isaac fernzuhalten...
Butler ist hier ein wahnsinnig ruhiger, langsamer, sehr poetischer Roman gelungen. Auf den einzelnen Seiten passiert wenig, aber er beschreibt es mit so schönen Worten, dass ich das Lesen einfach genießen konnte. Es geht um Liebe, Freundschaft und den Glauben. Ab wann ist Glaube Fanatismus? Das Ende bleibt offen, was ich irgendwie schade fand, ich hätte mir eine klare Handlung gewünscht. Trotzdem ein wunderschönes, langsames Leseerlebnis, das zum Nachdenken anregt.
hatte mehr erwartet
von PeLi, 15. März 2020
Lyle und Peg aus Wisconsin sind glücklich, als ihre Adoptivtochter Shiloh mit ihrem fünfjähriger Sohn Isaac, nach Jahren wieder in ihr Elternhaus zurückkehrt.
Peg Und Lyle genießen es ganz besonders, endlich ihr Enkelkind so nah bei sich zu haben und den Kleinen richtig zu verwöhnen. Zunächst läuft auch alles sehr gut, doch dann lernt Shiloh den Prediger Steven kennen und schließt sich seiner radikalen Glaubensgemeinschaft an.
Peg und Lyle beobachten das zunächst zwar skeptisch aber noch nicht beunruhigt. Doch je enger Shilohs Verhältnis zu Steven wird, umso verschlossener wird sie ihren Eltern gegenüber . Für sie zählen nur noch Stevens Worte und als dann auch noch der kleine Isaac immer mehr in diese Sekte hineingezogen wird und dadurch sogar in Gefahr gerät, können die besorgten Großeltern einfach nicht mehr tatenlos zusehen und so müssen sie eine schwere Entscheidung treffen.
Das Thema finde ich sehr spannend und der Schreibstil gefiel mir auch gut, obwohl es an manchen Stellen schon sehr langatmig wurde . Trotzdem bin ich leider nicht restlos begeistert von dem Buch, denn ich konnte vieles, was Peg und Lyle taten ( oder nicht taten), einfach nicht nachvollziehen.
So viele Bedenken , die sie gegen Steven und seine Kirche hatten und so viele Sorgen , die sie sich um den Enkel machten und trotzdem haben sie mit ihrer Tochter ja nie wirklich Klartext geredet.
Einerseits konnte ich die Angst der beiden, sich einzumischen und dadurch zu riskieren, den Enkel nicht wieder zu sehen, schon verstehen aber andererseits, als sie merkten, dass es Isaac wirklich nicht gut ging, da hätten sie, meiner Meinung nach, schneller eingreifen müssen.
Lyle kam mir manchmal sehr vernünftig vor und dann reagierte er plötzlich wieder total unvernünftig und ließ sich von Peg zu sehr beeinflussen, die meistens nur still zusah und Lyles Sorgen um den Enkel oft sogar noch herunterspielte, aus Angst, Shiloh zu verärgern. Pegs Verhalten konnte ich die meiste Zeit sowieso überhaupt nicht nachvollziehen und das machte sie für mich sehr unsympathisch.
Und der Schluss hat mich dann auch überhaupt nicht zufriedengestellt, deshalb kann ich dem Buch leider nur 3 Sterne geben, obwohl das wirklich ein Thema ist, das mich sehr interessiert, aber die Umsetzung konnte mich dann einfach nicht ganz überzeugen.
Wie weit darf der Glaube gehen?
von BarbaraM, 11. März 2020
„Ein wenig Glaube“ von Nickolas Butler verfasst ist 2020 im Klett Cotta Verlag erschienen und umfasst 382 Seiten. Dieser Roman beruht auf einer wahren Begebenheit aus dem Jahr 2008.
Lyle und Pegs Leben ist still geworden und umso mehr freuen sie sich, als sie erfahren, dass ihre Adoptivtochter Shiloh mit ihrem sechsjährigen Sohn Isaac wieder bei ihnen einziehen möchte. Das Leben wird wieder quirlig und voller Kinderlachen. Doch bald schon bemerken sie, dass Shiloh sich einer Sektengemeinschaft angeschlossen hat und auch ihr Enkelsohn Isaac wird von der Sekte immer mehr in Beschlag genommen. Lyle und Peg machen sich große Sorgen und wissen, dass sie handeln müssen.
Nickolas Butler hat seinen Roman mit einer sprachlichen und emotionalen Wucht geschrieben – anders kann ich es nicht beschreiben und ich bin davon sehr beeindruckt. Er schreibt bildhaft, flüssig, genau und sehr berührend.
Besonders gut hat mir auch gefallen, dass Nickolas Butler sich tiefgründig mit den Fragen auseinandersetzt „Wie weit darf der Glaube gehen?“, „Darf ich mich als Außenstehender in das Leben anderer einmischen?“, „Ab wann ist eine Ideologie gefährlich?“, „Ist mein Lebensstil der richtige? Und darf ich diesen anderen aufzwingen?“. Butler zeigt auf, wie gefährlich Sekten sein können und wie sehr sie Menschen manipulieren können und er macht deutlich, wie schwierig es sein kann, wenn man mit Menschen umgeht – sie im besten Sinne beschützen will -, die Teil einer Sekte sind, allem voran, wenn es Menschen aus der eigenen Familie sind bzw. solche, denen man sich sehr verbunden fühlt.
Fazit: Ich empfehle dieses Buch sehr gerne weiter. Es hat mich sehr gut unterhalten und mich im positiven Sinn nachdenklich zurückgelassen. Dieses Buch wirkt sicherlich noch lange in mir nach.
Wo endet der Glaube und beginnt der Aberglaube?
von Petris, 9. März 2020
Lyle und Peg Hovde blicken auf ein erfülltes, aber nicht einfaches Leben zurück. Sie sind liebevolle Eltern und Großeltern, ihrem Umfeld gute Freunde, klug, freundlich und fleißig. Seit einer Weile lebt ihre Adoptivtochter Shiloh mit ihrem Sohn Isaac wieder bei ihnen. Sie vergöttern ihren Enkelsohn und unterstützen die Tochter, wo es nur geht.
Shiloh ist während ihres Studiums gläubig geworden und auch hier bei den Eltern schließt sie sich einer evangelikalen Kirche rund um den Pastor Steven an. Ihr zu Liebe gehen auch die Eltern mit zum Gottesdienst, sie sind skeptisch, auch wenn Steven eine wirklich außergewöhnliche Person zu sein scheint.
Sorgen macht ihnen besonders, dass auch ihr Enkel Isaac in die Fänge der Sekte gerät. Der Pastor behauptet, Isaac hätte heilende Kräfte, die Großeltern sind nicht sicher, ob Isaacs Diabetes, die früh festgestellt wird, auch ordentlich medizinisch behandelt wird. Sie versuchen alles, um Shiloh und Isaac nicht ganz zu verlieren. Wird ihre Liebe reichen?
Doch es geht nicht nur um die tragisch-schöne Familiengeschichte, sondern auch um ihr ganzes Umfeld. Liebevoll, einfühlsam, ohne die Menschen zu Heiligen zu machen, er lässt ihnen ihre Fehler, Ecken und Kanten, erzählt Butler das Umfeld von Lyle und Peg. Da ist einmal Lyles bester Freund Hoot, ein liebenswerter Einzelgänger und wirklich guter Freund. Als er an Lungenkrebs erkrankt sind sie für ihn da und nützen die Zeit, die ihnen noch bleibt. Eine Figur, die mich sehr berührt hat, ist der Pastor Charlie, er ist Oberhaupt der heimischen Kirchen, ein gläubiger, aber bodenständiger Mann und guter Freund von Lyle. Was er über Glauben zu sagen hat, wie unaufdringlich er seinen Glauben lebt, das ist sehr schön erzählt. Er ist so etwas wie das Gegenteil des Blenders Steven.
Butler gelingt es hervorragend zu vermitteln, was die Faszination des Sektenführers ausmacht. Er ist attraktiv, charismatisch, kann begeistern und vor allem blenden. Selbst als LeserIn, die ja weiß, dass es nicht gut enden wird, hofft man zwischendurch, dass er tatsächlich so etwas wie ein Heiliger ist. Fast hat er einen um den Finger gewickelt. Und freut sich richtig, wenn dann die Fassade Löcher bekommt.
Ein wenig Glauben habe ich sehr nachdenklich beendet. Wo ist die Grenze zwischen Glauben und Aberglauben? Wie stark ist die Macht der Familie wirklich, wenn die Kinder in die Hände von Scharlatanen gelangen?
Eine tragisch schöne Familiengeschichte, die ich mit großer Freude gelesen habe und die noch lange nachwirken wird.
Leider etwas flach
von Nele33, 5. März 2020
Ein wenig Glaube schildert das Leben von Lyle, seiner Frau Peg und der Adoptivtochter Shiloh mit ihrem Sohn Isaac.
Das größte Glück ihres Lebens für Lyle und Peg war die Adoption ihrer Tochter Shiloh und ihr Enkelsohn Isaac, den sie über alles lieben.
Shiloh lebt mit ihre fünfjährigen Sohn wieder bei ihren Eltern. Nachdem Shiloh eine Arbeitsstelle in einer Kirchengemeinde bekommt, bemerken Lyle und Peg schleichend eine Veränderung in ihrem Wesen. Peg, die selber sehr gläubig in ihrer Gemeinde ist, gibt der Gemeinde ihrer Tochter eine Chance und besucht mit Lyle deren Gottesdienste. Steven, der Pastor und charismatischer junger Mann, ist ein Prediger, der die Menschen in seinen Bann zieht. Die Gottesdienste gestlten sich völlig anders, als die in Pegs und Lyles Gemeinde.
Shiloh entgleitet den Beiden immer mehr, zieht zur ihrer Gemeinde und schränkt auch den Kontakt von Isaac zu seinen Großeltern massiv ein.
Eines Tages eskaliert die Situation und das Leben aller wird nie mehr so sein wie zuvor.
Beeindruckt hat mich die Beschreibung des Lebens in diesem dünn besiedelten Landstrich und die Naturbilder die der Autor geschaffen hat.
Der Härte der Natur ausgeliefert sind die Menschen dort ein wenig anders, Freundschaften halten ein Leben lang.
Die Thematik des Glaubens und der Fanatismus der daraus enstanden ist hätte meines Erachtens einiges mehr an Tiefe benötigt. Es wurde nur die Sicht von Lyle geschildert, die Beweggründe von Shiloh wurden nicht transportiert.
Alles in allem ein Roman, dersich einem wichtigen und erschreckendem Thema widmet, für mich aber nicht ganz rund war.
Glaubensbekenntnisse
von Alexander Kornell , 28. Februar 2020
Für Lyle und Peg gibt es nichts Schöneres als ihre Tochter Shiloh und ihren Enkel Isaac bei sich zu haben. Als Shiloh jedoch in den Dunstkreis einer ominösen Glaubensgemeinschaft kommt, wird dieses Glück auf eine harte Probe gestellt. Shiloh ordnet ihrem blinden Glauben alles unter, und obwohl ihr Lyle und Pegg als liebende Eltern zur Seite stehen, spitzt sich die Lage immer weiter zu, und zwingt die beiden zu einer Entscheidung, die die Familie an ihre Grenzen bringt.
Ein Familienroman, der mich von der ersten Seite weg gepackt hat. Wie in seinen beiden letzten Romanen, erweist sich Nickolas Butler wieder als feinfühliger Schreiber und genauer Beobachter, der sich Zeit für seine Figuren nimmt.
Ein tiefgründiges, gefühlvolles Lesevergnügen!
Wenn Glaube fanatisch wird
von Miro76, 26. Februar 2020
Gleich in der ersten Szene begleiten wir Lyle und seinen Enkel Isaac auf den Friedhof, wo sie ein Grab säubern. Es handelt sich um die letzte Ruhestätte von Lyles Sohn, der in seinem ersten Lebensjahr verstorben ist. Die Stimmung zwischen Opa und Enkel ist innig und ungetrübt. Das Kind wird bedingungslos geliebt und es scheint, als könnte nichts daran rühren.
Doch Tochter Shiloh gerät in die Fänge einer christlichen Freikirche, verliebt sich in den etwas dubiosen Prediger und ist der festen Überzeugung, dass ihr Sohn ein Heiler ist.
Die Großeltern bemühen sich aus ganzem Herzen, den Kontakt zu ihrer Tochter und ihrem Enkelsohn aufrecht zu halten, auch wenn das bedeutet, dass sie sonntäglich in dieser Kirche beten müssen.
Leider reichen ihre Bemühungen nicht aus, Shiloh ist überzeugt, dass ihr Vater nicht wirklich glaubt und so Satan in die Familie bringt, denn ihr Sohn erkrankt. Es stellt sich heraus, dass er an Diabetes leidet, was unbehandelt dramatische Folgen haben kann.
Für mich als Österreicherin ist dieses Thema brandaktuell, denn wir hatten erst im Herbst so einen Fall. Ein Kind ist gestorben, weil es aus Glaubensgründen keine medizinische Hilfe bekommen hat. Diese massive Verblendung ist schwer zu begreifen.
Lyle und seine Frau Peg versuchen mit Engelsgeduld die Unstimmigkeiten zwischen ihnen und ihrer Tochter zu überbrücken. Mit der Lebensweisheit des Alters und der unbegrenzten großelterlichen Liebe versuchen sie Unmögliches.
Der Autor lässt dieses liebenswerte Paar äußert emphatisch auftreten; nicht nur ihrer Tochter gegenüber, auch Freunden und Fremden. Sie stellen sich ihren Zweifeln, verlieren nie die Geduld und kaum den Mut.
"Ein wenig Glauben" ist ein ruhige, unaufgeregte Geschichte über eine Tragödie, die sich mehrmals im Jahr in Amerika abspielt. Fanatischer Glaube ersetzt jede Rationalität. Allerdings gelingt es dem Autor sensibel mit dem Thema umzugehen. Er verurteilt Glaube und Gott nicht generell. Er möchte nur dessen Grenzen aufzeigen. Er erzählt uns auch, wie hilfreich und tröstlich Glaube sein kann, wenn man ihm nicht blind folgt.
Ich habe diesen Roman unheimlich gerne gelesen und mit Lyle und Peg in ihrer Hilflosigkeit mitgelitten. Es ist eine berührende Geschichte, die mich als Leserinn betroffen und traurig zurücklässt, auch wenn sie mit einem Hoffnungsschimmer endet.
Extrem mitreissend
von begine, 16. Februar 2020
„Ein wenig Glaube“ ist der dritte Roman den ich von Nickolas Butler gelesen habe.
Der Autor schreibt mit besonderem ruhigen Stil über das Leben im mittleren Westen der USA. Man spürt die Stimmung und ist gefesselt.
In diesem Familienroman geht es um Lyle und Peg Hovde. Ihre Tochter Shiloh, die den 5jährigen Sohn Isaac hat, macht ihnen Sorgen. Sie ist plötzlich gläubig geworden und ist in einer obskuren Kirche gefangen. Gerade in Amerika gibt es davon viele.
Der Glaube ist in dem Roman sehr dominierend.
Besonders Lyle nimmt es schwer, er fühlt sich machtlos. Er bangt um seinen Enkelsohn und er gibt nicht auf.
Die Personen sind mir fast alle sympathisch.
Der Autor zieht den Leser in seinen Bann. Man ist gefangen und will immer weiter lesen.
Glaube und Hoffnung
von yellowdog, 8. Februar 2020
Der US-amerikanische Schriftsteller Nickolas Butler schreibt intensive Romane, die im mittleren Westen der USA angesiedelt sind. Das gilt auch für „Ein wenig Glaube“, ein Buch, bei dem er ein heikles Thema anpackt, jedenfalls für amerikanische Verhältnisse. Die Kraft des Glaubens und wo es in Fanatismus umschlagen kann.
Bei aller Intensität hat Butler aber auch einen kraftvollen, moderaten Stil voll innerer Ruhe.
Ich mag die meisten Figuren dieser Familiengeschichte sehr, insbesondere Lyle und seinen kleinen Enkel Isaac und ihr gutes Verhältnis zueinander. Dann Lyles Frau Peg und sein guter Freund Hoot, der an Krebs erkrankt ist.
Lyles und Pegs Tochter Shiloh ist nach Jahren mit ihrem 5jährigen Sohn Isaac nach Wisconsin zurückgekommen. Sie ist alleinerziehend und hat sich einer merkwürdigen Kirche angeschlossen, dem Bund des Flusstälerlandes und sie ist sehr auf dem windigen Pastor Steven fixiert.
Es stellt sich die Frage, ob die Kraft des Glaubens auch schwere Krankheit besiegen kann. Der Prediger glaubt, dass Isaac durch handauflegen die Menschen heilen kann.
Der Autor lotet das Thema in einer angemessenen Tiefe aus, vergisst dabei aber auch nicht eine bewegende Handlung zu schreiben.
Man spürt das, was auch Lyle befürchtet, dass Isaac instrumentalisiert wird als angeblicher Heiler von Kranken und dass das den Jungen sicher schaden wird. Nicht umsonst macht er plötzlich wieder ins Bett und wirkt verstört, während seine Mutter dem Pastor ganz und gar hörig ist.
Als Leser fühlt man sehr mit den Figuren. Durch die Geschichte wird man meisten von Lyle und seinen inneren Reflektionen und den Gesprächen geführt.
Nickolas Butler hat mit diesem Buch eine schöne Steigerung zu seinem letzten hingelegt und ist für mich eine der großen Hoffnungen für die US-amerikanische Belletristik.