Am Ende bleiben die Zedern
von Elisabeth Wallinger , 1. Juni 2016
Was ist dieses Buch? Eine phantastische Familiengeschichte, ein Bildungsreise in den Nahen Osten oder vielleicht ein Flüchtlingsroman?
Alles trifft zu, zu allererst ist es aber ein Debut-Roman eines jungen Autors, was angesichts der Dichte, der Sprachgewalt und der stimmigen und konstanten Dramaturgie des Romans mehr als verwundert.
Samir ist acht, als sein geliebter Vater verschwindet. Zwanzig Jahre später begibt er sich auf die Reise in das Land der Zedern mit der vagen Hoffnung zu erfahren, wo die Gründe für das Weggehen des Vaters lagen. Wird er erfolgreich sein?
Autor, bleib bei deiner Gattung!
von HEYN Leserunde Petra Hesse, 8. Februar 2016
Pierre Jarawan erzählt die jüngere Geschichte des Libanon als eines Sehnsuchtsortes für den Ich-Erzähler: Auf der Suche nach seinem verschollenen Vater sucht er letztlich seine eigene Identität als in Deutschland aufgewachsenes Flüchtlingskind libanesischer Eltern. Dass das Verschwinden des geliebten Vaters sich als schwach motiviert herausstellt, tritt hinter der packenden Erzählung des jungen Mannes von seinen Kindheits- und Jugenderinnerungen zurück. In der Erzählgegenwart werden die alten Geschichten auf geradezu märchenhafte Weise mit den aktuellen Erlebnissen während einer Libanon-Reise verbunden. So braucht der Roman keine Versatzstücke aus der fantasy-Literatur, um Leserinnen und Leser in den Bann einer Heldenreise durch Zeit und Raum zu ziehen - Pierre Jarawan kann erzählen!
Aber Pierre Jarawan predigt auch. Er lässt die Lichtgestalt des Romans, den Halbbruder des Ich-Erzählers, am Ende reden wie den Vorsitzenden einer Schulbuch-Kommission für die Fächer Geschichte und politische Bildung. Hier verliert sich die mitreißende Kraft des Erzählens, und man bemerkt plötzlich, dass man Papier in den Händen hält. Schade, der Schuster = Autor hätte bei seinem Leisten, der Gattung des Romans, bleiben sollen!
Die Wurzeln finden- ein hochaktuelles Thema
von HEYN Leserunde Renate Pfeiffer, 3. Februar 2016
Ein spannendes und sehr berührendes Buch! Eine Familiengeschichte, die gleichzeitig Einblick in die dramatischen und blutigen Auseinandersetzungen im libanesichen Bürgerkrieg gibt. Die Eltern sind geflohen, die Kinder wachsen schon in Deutschland auf, aber das Umfeld bleibt libanesisch: die Nachbarn, die Bräuche, die Musik, die Küche, die Namen-alles hat seine Wurzeln im Libanon. So bekommt man eine Ahnung davon, wieviel Parallelgesellschaften bei uns in deutschen (oder auch österreichischen) Städten existieren. Die Familie, am Anfang eng miteinander verbunden, muss sich neu orientieren, als der Vater eines Tages verschwindet. Vor allem für Samir, den Ich-Erzähler, der seinen Vater verehrt hat, ist das eine Wunde, die auch nach zwanzig Jahren nicht verheilt. Spannend wie ein Krimi liest sich seine Suche nach der Wahrheit, die er nach und nach aufdeckt. Sie ist nicht so politisch, wie man anfangs vielleicht vermuten könnte, sie führt zwar mitten hinein in die Auseinandersetzungen im Libanon , könnte aber auch in Deutschland passieren, nur wäre da das Verschwinden nicht so einfach. Was bleibt, sind ? natürlich- die libanesischen Zedern als Symbol des Landes, es bleibt die Frage, ob Väter sich jemals bewusst sind, was sie anrichten, wenn sie ohne ein Wort der Erklärung verschwinden, und es bleibt für mich die Erkenntnis, dass eine politische Lösung der blutigen Konflikte um Macht und Vorherrschaft, Religion und Geld im gesamten Nahen Osten nur sehr schwer zu erreichen sein wird. Ein Buch, das man unbedingt lesen sollte!
Fremd, berührend und wunderschön
von HEYN Leserunde Barbara Maria Angerer, 1. Februar 2016
Das Buch von Pierre Jarawan hat sich vor mir ausgebreitet, wie ein neues Land, in das ich vorsichtig und neugierig meine Füße setzte. Pauschales Zeitungswissen von außen mitbringend, bin ich in eine fremde Welt eingetaucht, geführt durch eine blumige, bunte und weitschweifige Sprache und konfrontiert mit Geschichten und Schicksalen, die mir gänzlich fremd sind. Ich habe mich berühren und mitreißen lassen, von der Geschichte einer Flüchtlingsfamilie in Deutschland und deren Suche nach den Wurzeln im Libanon, verwoben mit dem Versuch von Erklärungen für unerklärbare Kriegshandlungen. Ein Buch passend zum Puls der Zeit und dabei leise, überraschend und wunderschön!
Bildreich, emotional und topaktuell!
von Heyn Leserunde Elisabeth Del Carlo, 1. Februar 2016
Emotional und reich an Bildern, historisch und zeitgeschichtlich interessant ist diese Familiengeschichte vor dem Hintergrund des Libanon- Konfliktes. Wie eine klassische Familiengeschichte, die als Rahmen für die Selbstfindung des Protagonisten dient, bietet dieser Roman nicht nur interessante Infos über das Leben in dieser Region des Nahen Ostens sondern auch alles was so noch dazugehört: Liebe und Leid, Freundschaft, Missverständnisse und Familienkonflikte usw.
Am Anfang etwas langatmig zu lesen aber es lohnt sich dran zu bleiben. Empfehlenswert!!
Das Buch ist insgesamt eine große emotionale Bereicherung
von HEYN Leserunde Ewa Wiercinska, 31. Januar 2016
Pierre Jarawan erzählt uns, in einer lebhaften Sprache, die Geschichte von Samir. Er ist das, in Deutschland geborene, Kind der libanesischen Zuwanderern. Als Kind verehrt Samir seinen Vater und will sich mit ihm identifizieren. Der Vater nahm Samir in die Wunderwelt der Geschichten, die er in seinem Kopf erschuf. In den Geschichten verarbeitet der Vater seine Lebensereignisse. Samir weiß davon nichts. Der Vater verlässt plötzlich die Familie. Erst nach zwanzig Jahren geht Samir als junger Mann nach Libanon auf die Suche nach den Wurzeln seiner familiären und kulturelleren Identität.
Pierre Jarawan stellt vor, wie man den Leser mit Emotionen bereichert. Spannend.
Sucht er in dieser Erzählung nach den Wurzeln seiner Identität?
Sehr gelungen
von HeynLeserunde Marianne Schaffer-Schellander , 27. Januar 2016
Pierre Jarawan beschreibt in seinem Roman die große Liebe eines Sohnes zu seinem Vater, obwohl dieser die Familie verlassen hat. In einer poetischen Sprache wird das Erwachsenwerden Samirs in all den vielschichtigen Facetten des Lebens geschildert, sodass ich als Leserin tief in die Geschehnisse miteintauche. Gleichzeitig erzählt der Autor in leidenschaftlichen Menschenbildern die blutigen Geschichte des Libanons. Beste Empfehlung für dieses topaktuelle, sehr gelungene Buch.
Nur Geduld, es lohnt ich
von HEYN Leserunde H. Schellander, 27. Januar 2016
In einer zentrale Szenen des Romans lässt Autor Pierre Jarawan den Leser in die Parallelwelt des Protagonisten Samir blicken. An allen Mauern seiner Wohnung hat Samir Zeitungsartikel zur (Kriegs)geschichte des Libanon mit Reißnägeln befestigt, die durch Fäden verbunden sind. An dem Punkt, zu dem sämtliche Fäden führen, hängt das Bild seines geliebten Vaters, den zu finden er sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, seit dieser plötzlich verschwunden ist. Wie ein riesiges Spinnennetz konstruiert auch der Autor diese Geschichte rund um Menschen auf der Flucht. Er legt falsche Fährten und verwischt Handlungsstränge, um zu einem überraschenden Finale zu führen, das letztlich alle Schicksalsfäden miteinander verknüpft und das große Geheimnis löst. Bis dahin braucht der Leser etwas Geduld, wofür ihn Pierre Jarawan mit Sprachgewandtheit und Erzähltalent entschädigt.
Unbedingt lesen!
von HEYN Leserunde Nicola Strahl, 27. Januar 2016
Ein wunderbares, poetisches Buch über den Jungen Samir, der als Sohn einer libanesischen Flüchtlingsfamilie seine Wurzeln und seine Geschichte aufarbeiten will und dazu in den Libanon reist. In seiner kindlichen Phantasie hatte er sich dieses Land jedoch ganz anders vorgestellt. Ein jahrelanger Bürgerkrieg, in dem letztendlich die wenigsten wussten, wofür gekämpft wird oder wer gegen wen, hat das Land verändert. Doch es gelingt Samir, Ordnung in sein System zu bekommen,. Die Voraussetzung für einen neuen, unbefangenen Lebensabschnitt. Ein sehr lehrreiches Buch, das aufzeigt, wie friedvolles Miteinander aussehen könnte, und wie dieses mitunter bewusst verhindert wird.
Spannend bis zum Schluss!
von HEYN Leserunde Irmgard Mandl, 27. Januar 2016
Eine Familiengeschichte, verwoben mit den Wirren und Auswirkungen des Libanesischen Bürgerkrieges, eine Flüchtlingsgeschichte, mit all den traumatisierenden Auswirkungen auf die erste und zweite Generation der Flüchtenden, eine schöne Liebesgeschichte, eine Geschichte über Freundschaft und Hilfsbereitschaft ? all das macht dieses Buch aus ohne in den Kitsch abzudriften. Geschichten erzählen ist ein wichtiges verbindendes Element, das die Protagonisten miteinander verbindet. Und dann gibt es noch ein geheimnisumwobenes Dia. Was hat es damit auf sich? Ein Buch zum Verschenken, ein Buch, das mich sehr begeistert hat!