Nancy Mitford
von Harakiri, 31. August 2018
Louisa ist 19 und lebt in ärmlichen Verhältnissen. Als ihr Onkel sie prostituieren will, muss sie fliehen. Sie landet als Kindermädchen in Mitford Manor, wo sie sich gleich sehr wohl fühlt und sich mit Nancy, einer der 6 Töchter, anfreundet. Gleichzeitig beschäftigt ein Mord in einem Zug den Umkreis Londons. Und Louisa und Nancy ermitteln heimlich. Unterstützt von Polizist Guy, der sein Herz für Louisa verloren hat.
Eine Mischung aus Krimi und Romanze, so würde ich diesen Roman beschreiben. Teilweise etwas zäh, gegen Ende recht spannend, aber so richtig fesseln konnte mich das Buch leider nicht. Erst beim Lesen des Nachwortes wurde mir bewusst, dass es die Mitfordschwestern tatsächlich gegeben hat und so habe ich die Familie gegoogelt.
Louisa mochte ich auf Anhieb, sonst blieben die Handelnden eher blass. Von Nancy hatte ich mir lt. Klappentext mehr erhofft. Die Stellen mit Louisas Onkel konnten mich immer fesseln, der Aufenthalt bei Tante Rose ebenso, aber die Stimmung auf Mitford Manor fand ich eher öde. Was weniger dem guten Schreibstil der Autorin als eher der wohl authentischen Stimmung in dem Anwesen geschuldet war.
Fazit: Der Auftaktband einer Reihe, die ich nicht unbedingt weiter verfolgen muss.
ein Buch, das einen Mordfall, Liebeleien und Historie vereint - jedoch die Spannung etwas vermissen lässt
26. August 2018
Das Cover ist meiner Meinung nach optimal gearbeitet. Sowohl die Farbgebung in blau und gold sowie das in oval eingearbeitete Bild im Sepiatouch wirken herrschaftlich und genau passend zur Zeit, in der die Handlung spielt. Aber nicht nur die Außen- sondern auch die Klappeninnenseiten sind wunderschön gehalten. In der vorderen Klappeninnenseite wurde ein Bild von Mitford Manor plaziert, das einen tollen Einstieg in die Thematik gibt. Die hintere Klappeninnenseite ist einerseits ein Interview mit der Autorin und andererseits ein Foto derselbigen. Hier sieht man auch, dass auf die Details geachtet wurde, denn die Autorin hat ihre Kleidung und auch den Hintergrund ebenfalls passend gewählt.
Die Geschichte, wie u.a. auch dem Interview, der Anmerkung und dem Dank zu entnehmen ist, ist in Anlehnung an wahre Persönlichkeiten und Geschehnisse angelehnt und das macht ein Buch für mich umso interessanter. Wobei ich hier feststellen musste, dass ich zwar den Schreibstil, der alles gut nachvollziehbar erläutert, mag, dieser jedoch etwas tiefgründiger hätte sein können. Die Autorin schreibt, dass sie viel Recherchearbeit unternommen hat, weil sie die Thematik fasziniert. Hier wurde ich dann doch in der Umsetzung etwas enttäuscht, denn man wurde als Leser zwar von vielen realen Geschehnissen unterrichtet, jedoch hat mir hier teilweise die Authentizität etwas gefehlt oder es wurde einfach zu wenig in die Tiefe gegangen. Beispielsweise werden zwar die Gepflogenheiten der damaligen Zeit im Großen und Ganzen geschildert, jedoch wurde hier, anders wie beim Cover, etwas an der Liebe zum Detail gespart.
Die Spannung, die die Aufdeckung des Mordfalles so mit sich bringen könnte, hat ebenfalls dadurch gelitten. Es war zwar in Ordnung, aber große Spannungsmomente habe ich nicht erlebt.
Die Charaktere werden gut geschildert und man kann sich die Szenerien gut vorstellen, nur wurden hier oftmals etwas zu große Sprünge eingebaut und daher konnte ich zwar die Geschichte gut mitverfolgen, mich jedoch nicht wie mittendrin und dabei fühlen.
Die etwas unterkühlte Art, die die Schreibweise exportiert, ist gut für die Zeit zwischen 1917 bis 1922 gewählt. Diese umfasst die Kriegszeit, die durch Briefmaterial in Zusammenfassungen erzählt wird und die Nachkriegszeit, in der sich die Geschichte abspielt.
Der Autorin ist es gelungen, die Lebensumstände der "Upstairs" und der "Downstairs"
(wie sie so schön schreibt) und deren Missverhältnis darzustellen.
Mein Fazit: ein Buch, das einen Mordfall, Liebeleien und Historie vereint - jedoch die Spannung etwas vermissen lässt
Genussvolles Lesefutter
von heinoko, 9. August 2018
Manchmal gibt es sie noch, diese dicken Bücher, die man liebevoll Schmöker nennt und damit Bücher meint, denen Tiefgang fehlt und die uns doch gnadenlos gefangennehmen, kaum dass die ersten Seiten gelesen sind, in die man geradezu hineinfällt und von denen man sich nach der letzten Seite schmerzlich trennen muss, von den liebgewonnenen Menschen, die man lesend eine Weile begleitet hat und vom Inhalt, der aufs Feinste unterhalten hat. Ich habe dieses schön im Art Déco Stil gestaltete Buch in genau dieser Weise gelesen: als leichte, aber gekonnt geschriebene und gut unterhaltende Lesekost. Nicht mehr, aber auch nicht weniger!
Wir befinden uns in London im Jahr 1920. Durch glückliche Umstände erhält die 19-jährige Louisa, die in ärmlichsten Verhältnissen aufgewachsen war, eine Anstellung als Kindermädchen bei den Mitfords, einer herrschaftlichen und glamourösen Familie. Sie erringt sich aufgrund ihrer klugen und freundlichen Art schnell die Freundschaft von Nancy, der 19-jährigen ältesten Tochter des Hauses. Zeitgleich wird Florence Nightingale Shore, eine Freundin der Familie und zu Kriegszeiten sich selbstlos aufopfernde Krankenschwester während einer Bahnfahrt grausam ermordet. Nancy und Louisa beginnen aufgrund von merkwürdigen Beobachtungen eigene Nachforschungen anzustellen. Doch nichts ist so wie es scheint…
Die Autorin hat den real geschehenen, bis heute unaufgeklärten Mord an der Krankenschwester Florence Nightingale Shore in ihrem Buch fantasievoll zur Aufklärung gebracht und damit über fast 500 Seiten hinweg einen großen Spannungsbogen gesetzt. Die bei uns relativ unbekannten Mitford Schwestern bzw. deren Leben und Umfeld unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg wurden von der Autorin sorgfältig recherchiert und lebendig-sympathisch dargestellt. Die seelischen Wunden, die der Krieg geschlagen hatte, aber auch gesellschaftliche Zwänge, die zu dieser Zeit noch herrschten, lassen das Buch zwar zu einer leichten, aber keineswegs zu einer seichten Lektüre werden.