Tiefgründige Ironie
von PFIFF, 23. Februar 2013
Andrea Camilleri erzählt in bekannt eloquenter Manier von einer wahren Begebenheit, die er jedoch romanhaft verfremdet. Mit feiner Klinge und ironisch beschreibt er die Vorfälle in einem sizilianischen Städtchen, die Einwohner und deren Beziehungen zueinander.
Ihm gelingt es, das heikle Thema "Missbrauch durch Kleriker" humorvoll und kritisch darzustellen. Der Lesegenuss überdeckt jedoch nicht das brisante Sujet.
In diesem Roman geht es um eine skrupellose Priesterclique, die fromme, zum Teil unschuldige und naive Frauen dazu bringt, sich deren sexuellen Phantasien zu unterwerfen.
Als einige Frauen und Mädchen zugleich schwanger werden, breitet sich in der Gemeinde Unbehagen aus und die Einwohner versuchen, dem Übeltäter auf die Spur zu kommen.
Gerüchte und Getratsche liefern eine herrliche Situationskomik und lassen zeitweise den traurigen Ursprung der Geschichte vergessen.
Hauptthema ist aber der Umgang mit der Wahrheit, deren Enthüllung für die Opfer meist ein hoher Preis ist, nach dem Motto "Cui bono".
Die einzelnen Charaktere sind witzig und prägnant beschrieben, komödiantisch überzeichnet, sympathisch, naiv, klug, scheinheilig, gerissen, ängstlich und mitleiderregend.
Spannend ist der Wechsel von Humor zu Empörung, Amüsement zu Ekel. Ein Wechselbad der Gefühle, das den Leser bei der Stange hält und ihm die Möglichkeit frei lässt, ob er sich unterhalten oder belehren lässt oder beides.
Camilleri schafft es, mit seinem leichtfüßigen Stil das Thema des Missbrauchs in der Kirche nicht klischeehaft wirken zu lassen. Das Buch ist absolut empfehlenswert.