sehr komplexe – teils verwirrend-verworrene – Fantasygeschichte
von Anja, 28. Dezember 2019
Kihrin sitzt im Gefängnis. Seine Gefängniswärterin Klaue fordert ihn auf, die Geschichte zu erzählen, wie er dort gelandet ist, obwohl sie selbst Anteil daran hat. Beide schildern das Geschehen von geheimen Intrigen, gefallenen Königen und einem Jungen aus armen Verhältnissen, der erst zum Lord, dann zum Sklaven und später zur Schlüsselfigur im Kampf gegen einen mächtigen Gegner wird…
Der Einstieg in die Geschichte fiel mir aufgrund der verschiedenen Zeitstränge und Erzählebenen nicht ganz leicht. Kihrins Gefängniswärterin Klaue will von ihm seine Geschichte hören. Abwechselnd schildern die beiden Kihrins Erlebnisse. Kihrins Schilderung setzt etwa vier Jahre zuvor an. Er erzählt in der Ich-Perspektive, was ihn letztlich in diese Lage gebracht hat. Klaue setzt noch etwa 6 Monate vorher an und ergänzt den Zeitraum bis zu Kihrins Start der Geschichte teils in der personalen, teils eher auktorialen Erzählweise.
Die ständigen Sprünge zwischen beiden Geschichten, die aber die selbe Figur im Zentrum haben, fand ich teilweise verwirrend, da ich immer, wenn ich das Buch wieder zur Hand genommen habe, für mich sortieren musste, in welcher Zeit ich mich gerade befinde. Zudem enthalten beide Geschichten immer wieder kleine Hinweise und Verknüpfungen, die für das Verständnis der jeweils anderen wichtig sind.
Die Verwirrung perfekt gemacht haben die Erklärungen in den über 150 Fußnoten, die Bemerkungen und Ergänzungen zu diesen Schilderungen von einem weiteren Ich-Erzähler beinhalten. Da mich zum einen das ständige Blättern genervt hat (ich habe das Buch als ebook gelesen, zwar kann man hier problemlos zur Fußnote und zurück springen, aber wehe man müsste in der Fußnote blättern, dann heißt es umständlich die eigentliche Textstelle wiederfinden…), zum anderen konnte ich die Bemerkungen auch oft nicht zuordnen und sie haben mich so in meinem Lesefluss gestört, sodass ich sie irgendwann gar nicht mehr angeschaut habe. Erst ganz am Ende ist mir die Bedeutung klar geworden, nachdem ich diesen zusätzlichen Ich-Erzähler einordnen konnte.
Überhaupt hat mir die Geschichte zu viele Anhänge. Neben den zahlreichen, teils sehr umfangreichen Fußnotenerläuterungen gibt es ein riesiges Personenverzeichnis, Erklärungen zur Aussprache und auch einen ewig weit verzweigten Stammbaum.
Sich diesen mal anzuschauen, wäre hier und da vielleicht hilfreich gewesen, wäre da nicht wieder das Problem mit dem Blättern und zusätzlich der viel zu winzigen Anzeige im ebook gewesen… denn die Vielzahl an Figuren hat mich auch oft vor Probleme gestellt.
Die Fantasywelt, die erschaffen wird, ist unglaublich komplex und mit den verschieden Völkern und magischen Fähigkeiten eigentlich auch total interessant. Allerdings ist nicht nur die Wiedergeburt Verstorbener möglich, sodass sich Figuren an ihr früheres Leben erinnern, sondern bestimmte magische Artefakte oder Fähigkeiten ermöglichen auch den Körpertausch bzw. die Übernahme eines Körpers. Und hier wurde es dann teilweise verworren, wenn Figuren schon so lange leben und in verschiedenen Körpern gesteckt haben, dass ein Charakter plötzlich drei Namen hat und nicht jeder der ist, für den er gehalten wird. Dies hat zwar für Spannung und Überraschungen gesorgt, teilweise habe ich in den komplizierten Verstrickungen von Figuren teilweise aber auch nicht mehr durchgesehen, wer wer ist und wer mit wem im Bunde ist.
Dadurch habe ich die Geschichte streckenweise als zäh empfunden, nicht zuletzt weil ich in den verworrenen Intrigen und Rückblicken in vergangene Zeiten nicht immer folgen konnte, wenn mir die Sortierung der Figuren nicht mehr möglich war… Komplizierte, teils ähnliche Namen, machen die Zuordnung nicht leichter.
Gut war, dass sich der Grundhandlung um Kihrin trotzdem halbwegs folgen ließ, auch wenn ich nicht immer wusste, wer der Feind ist bzw. in wessen Körper er nun gerade steckt.
Als im letzten Viertel die Erzählstränge zusammenlaufen und es nur noch eine Zeitebene gibt, wurde die Orientierung einfacher. Hier wird die Geschichte, die ohnehin viele spannende Passagen hat, immer temporeicher. Der entscheidende Kampf steht bevor. Es wird dramatischer und aufregender und hier habe ich nun auch wirklich mitgefiebert, wobei es auch dabei verwirrende und zähe Passagen gab.
Am Ende sind einige Kämpfe gefochten. Viele Figuren mussten ihr Leben lassen. Viele Fragen sind beantwortet. Das Schicksal des Landes bleibt allerdings dennoch völlig offen.
Fazit
Sehr komplexes Fantasysetting, das so facettenreich ausgearbeitet wird, dass es aufgrund diverser Möglichkeiten einen neuen Körper zu erhalten, oft in der Vielzahl der Figuren kompliziert wird. Auch die zwei Erzählperspektiven, die aber den selben Charakter zur Hauptfigur haben, fand ich fürs Hineinfinden nicht ideal. Von den Anhängen und Fußnoten habe ich mich komplett erschlagen und aus dem Lesefluss gerissen gefühlt, sodass ich diese nicht mehr gelesen habe. Ihr Sinn hat sich mir auch erst ganz am Ende erschlossen, nachdem ich Anfang und Schluss nochmal gelesen hatte und den entsprechenden Erzähler sowie den Adressat der verschachtelten Erzählung zuordnen konnte. Die Handlung an sich ist grundsätzlich spannend und weist viele Überraschungen und Wendungen auf. Es gibt aber auch etliche langatmige, zu ausschweifende Ausführungen.
von Lealein1906, 29. November 2019
Dieses Buch ist wirklich eines der schwierigsten, dass ich je zu bewerten hatte. Zum einen haben wir eine gute spannende Geschichte, die in einer toll entwickelten Fantasiewelt steckt. Zum anderen ist die Handlung fast zu komplex, manchmal blickt man gar nicht mehr durch, Fußnoten verwirren zusätzlich und das ganze auf über 800 Seiten. Deswegen gebe ich für „Der Untergang der Könige“ drei Sterne.
Die Hauptperson der Geschichte ist Kihrin, ein elternloser Junger, der aber ziemlich gut behütet in einem Bordell aufwächst. Das Buch startet damit, dass er im Gefängnis ist, wo er von einem Wesen namens Klaue bewacht wird. Die beiden beginnen abwechselnd die Geschichte von Kihrin zu erzählen, bis sich alles zusammenfügt.
Leider ist die Geschichte wirklich sehr kompliziert. Nicht nur, dass zahlreiche Charaktere mitspielen, oft sind die Verwandtschaftsverhältnisse unklar und wechseln ständig. Und der Punkt, der alles noch verwirrender macht: Es gibt viele Möglichkeiten, wie das Bewusstsein von Charakteren in andere Figuren überspringt, oder wiedergeborene Götter übernehmen einen Leib… Da habe ich irgendwann nicht mehr durchgeblickt und auch der Stammbaum am Ende des Buchs hilft nur bedingt.
Richtig gut gefallen hat mir, dass der Großteil der Geschichte im Wechsel zwischen Kihrin und Klaue erzählt wird. Das erhöht zwar manchmal die Verwirrung, aber eigentlich sind die Kapitel so kurz, dass man damit gut zu Recht kommt und bei mir hat es die Spannung noch erhöht. Erst am Ende läuft dann alles zusammen und es kommt zum großen Finale. Was man auf keinen Fall machen darf, ist, eine längere Pause einzulegen. Das bringt einen komplett raus. Allerdings glaube ich sowieso, dass man dieses Buch nur verstehen kann, wenn man es ein zweites Mal liest (oder vielleicht auch erst beim dritten Mal).
Also ich bin nicht abgeneigt, auch den nächsten Teil zu lesen. Ich denke aber, jeder muss selbst schauen, wie er mit dem Buch klar kommt, weil ich sowohl die positiven als auch die negativen Rückmeldungen voll verstehen kann.
Denn das ist es, was ich bin
von Vicky, 20. November 2019
'Der Untergang der Könige' ist ein Fantasy-Roman der Autorin Jenn Lyons. Gleichzeitig bildet er den Auftakt der Reihe 'Drachengesänge' und ich muss sagen: was für einen!
Mir gefällt das Cover sehr. Ich finde es ist zwar schlicht gestaltet aber dennoch auffallend. Außerdem ist es, wie ich finde, passend für das Genre gewählt.
Was mir beim Hardcover allerdings abgeht ist eine Lesebändchen denn das Buch ist sehr dick und ich finde da gehört das unbedingt dazu, vor allem auch wenn man sich die Preiskategorie ansieht wo sich das Buch einordnet. Ansonsten ist es aber schön und gut verarbeitet.
Der Roman selbst umfasst neunzig Kapitel welche sich auf zwei Teile aufteilen. Jedes Kapitel hat einen Titel wodurch bei mir immer das Kopfkino angeregt wird um bereits vor dem Lesen zu fantasieren was hier passieren könnte. Im ersten Abschnitt wird die Geschichte abwechselnd von Kihrin und Klaue erzählt – ich sage absichtlich nicht ‘aus der Sicht‘ denn das passt nicht, aber lest selbst um herauszufinden was ich damit meine! Im zweiten Teil folgen wir der Geschichte ohne dass sie von jemand bestimmt erzählt wird wodurch mehr Dynamik rein kommt da auch die Zeitsprünge zwischen den einzelnen Erzählsträngen wegfallen.
Es gibt außerdem noch einige hilfreiche Extras. Am Anfang findet man eine Karte zur ‘Bekannten Welt‘ und am Ende folgen noch die Anhänge: Glossar, Adelshäuser, Hinweise zur Aussprache, sowie die Herrscherhäuser der Vane. Das alles ist sehr hilfreich und wurde von mir auch zwischendurch immer mal wieder konsultiert.
Einen Stern Abzug gibt es da die Geschichte für meinen Geschmack teilweise zu verwirrend war und mir vor allem zum Ende hin dann doch einiges 'too much' war, an einigen Stellen wirkte es extra konstruiert und als müsste da jetzt noch so vieles auf einmal passieren um es ja noch schnell ins Buch stopfen zu können. Anfangs dachte ich auch, ich muss einen Stern für die Randnotizen abziehen da sie meinen Lesefluss sehr gestört haben aber bis zum Ende hin habe ich sie irgendwie zu mögen gelernt. Auch muss ich sagen dass ich sie im Hardcover weniger störend fand als im eBook (ich habe zwischen den zwei Medien gewechselt). Im Hardcover waren sie immer auf der jeweiligen Seite zu finden, im eBook hingegen sprang man immer zum Ende (wo die Randnotizen zu finden waren) und musste dann wieder zurück zur eigentlichen Seite, was meinem eReader allerdings nicht immer einwandfrei gelang.
Fazit: Ein fulminanter und epochaler Start einer neuen und genialen Fantasy-Reihe! Hier gibt es noch viel Potenzial auszuschöpfen und viel zu erzählen, ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzung!
Lesehighlight
von PMelittaM, 10. November 2019
Kihrin erzählt dem Ungeheuer, Klaue genannt, das die Kerkerzelleie, in der sitzt, bewacht, seine Geschichte. Wie ist er hier gelandet? Doch Klaue scheint seine Erzählung nicht ganz ausreichend, und da sie eine Mimikerin ist, die sich über die Gehirne ihrer Opfer auch deren Erinnerungen einverleibt, kann sie auch etwas zur Geschichte beitragen, nämlich die Geschehnisse, die vor Kihrins eigener Erzählung passiert sind.
750 der insgesamt gut 850 Seiten erzählen Kihrin und Klaue ihre Geschichten, immer abwechselnd, Kihrin in der ersten, Klaue in der dritten Person, bis sie am Ende ineinander übergehen und das danach Geschehene erzählt wird. Schon alleine durch die beiden Perspektiven/Zeitebenen ist die Geschichte sehr komplex und verlangt aufmerksames Lesen, aber immerhin kann man die beiden gut unterscheiden. Im Laufe der Zeit wird das Charakterensemble immer größer, manche Charaktere verschwinden bald wieder, andere bleiben länger, auch hier ist eine gewisse Aufmerksamkeit nötig, im Glossar am Ende kann man aber noch einmal nachlesen, wer wer ist, ohne dass dort gespoilert wird.
Sehr komplex ist auch die Geschichte, die immer wieder für Überraschungen sorgt, und bei der man nie sicher sein kann, was weiter passieren wird. Die Charakterzeichnungen sind gelungen, aber auch hier gilt: Man kann sich nie sicher sein. Erzählt wird ausführlich, ohne jemals langweilig zu sein, und atmosphärisch. Unterhaltsam und/oder interessant sind die Fußnoten, die mich immer wieder an Pratchett erinnert haben.
Die Welt, die sich die Autorin ausgedacht hat, ist überzeugend, Geschichte, Völker, Religion, Politik usw. sind gut durchdacht und machen das Ganze rund. Auch Magie spielt eine Rolle und ist gut integriert. Die Geschichte ist oft brutal und auch recht blutig, nicht wenige liebgewonnene Charaktere werden getötet.
Neben dem bereits erwähnten Glossar gibt es eine Karte, die ich allerdings nicht benötigt habe, sowie Hinweise zur Aussprache der Namen, eine Übersicht über die Adelshäuser und die Herrscherhäuser der Vané (eines der Völker der Welt).
Ich hätte mir diesen Roman durchaus als Einzelband vorstellen können, doch am Ende bleibt doch das eine oder andere offen und ein zweiter Band ist bereits im Original erschienen. Ich bin gespannt, was sich die Autorin dafür hat einfallen lassen.
Ein epischer Fantasyroman, wie er nicht besser sein könnte, voller Überraschungen und gelungenen Charakteren, mit einer gut durchdachten Welt, sowie einer spannenden und komplexen Geschichte. Für mich ein Lesehighlight, das ich gerne weiterempfehle.
Im Positiven und Negativen überwältigt!
von BarbaraM, 6. November 2019
Ich stehe dem Buch „Der Untergang der Könige: Drachengesänge 1“ von Jenn Lyons etwas zwiegespalten gegenüber, aber dazu weiter unten mehr. Vielleicht hatte ich mir auch einfach zu viel erwartet, da mich der Klappentext einfach unglaublich in seinen Bann gezogen hat…
Das Buch ist im Verlag Klett-Cotta 2019 erschienen und umfasst 863 Seiten.
Der Leser begegnet dem Jungen Kyrin in einer Gefängniszelle. Dort erzählt er der Wächterin Klaue seine Geschichte. Er wurde als angebliches Findelkind von seinem harfespielenden Ziehvater und seiner Ziehmutter Ola, einer Bordellbesitzerin, in den Elendvierteln von Quur aufgezogen. Eines Tages beobachtet er, wie zwei Männer einen anderen foltern und einen Dämonen anrufen. Die Gefahr und eine unglaubliche Folge von Ereignissen beginnen nun für Kyrin. Auch Klaue beginnt die Geschichte von Kyrin zu erzählen allerdings zu einem späteren zeitpunkt in Kyrins Leben. Sie kann Gedanken lesen und kennt Kyrin schon sehr lange.
Jenn Lyons ist eine Autorin mit einem sehr dichten Schreibstil. In ihrem Buch bekommt der Leser so viele Informationen, dass es in meinen Augen stellenweise wirklich zu viel war und ich einfach aufgrund des Informationsüberflusses den Überblick nicht mehr behalten konnte. Dadurch ging für mich die Spannung und teilweise auch die Lesefreude verloren. Aber dies ist mein persönliches Empfinden!
Toll fand ich die vielen unglaublichen Ideen, die in der Geschichte steckten und diese zeichnen sicherlich die Autorin auf das Beste aus. Ihr Geschichte hat so vieles in sich: ist grausam, voller Zauber, gefüllt mit Intrigen und Heimlichkeiten, voller Liebe und Hass, mächtig und manchmal auch überwältigend.
Fazit: Mich faszinierten an diesem Buch die vielen magischen Ideen, die Geschichten um die Götterbrut und die beiden Erzählstränge aus unterschiedlichen Erzählperspektiven. Insgesamt war es mir allerdings auch immer wieder etwas verwirrend geschrieben, da so viele Charaktere auftauchten und sich mir deren Namen nicht sofort einprägten und ich mich auf späteren Seite auch schwer tat, mit dem Erinnern an die Geschehnisse und Personen der vorherigen Seiten. Die Aufmerksamkeit des Lesers musste permanent auf einem sehr hohen Level sein. Das war mir wirklich manchmal zu anstrengend, so dass der Lesefluss bei mir immer wieder unterbrochen war. Ich vergebe deshalb nur drei von fünf Sternen.
Eine starke, weibliche Stimme der High Fantasy Welt, die mich restlos begeistern konnte
von Ceciliasophie, 5. November 2019
Khirin wächst behütete von seinem Vater Surdyeh, einem blinden Musiker, und der Bordellbesitzerin Ola auf. Während er tagsüber zusammen mit seinem Vater auftritt, schleicht er sich nachts raus, um zu stehlen. Doch einer seiner Einbrüche geht schief und Khirin sieht sich mit Problemen konfrontiert, die ein Ausmaß annehmen, mit dem er in seinen kühnsten Träumen nicht gerechnet hätte.
In seiner Welt voller Magie, Intrigen, Gewalt und bevölkert von unglaublichen Lebewesen wie uralten Drachen und Göttern muss Khirin sich von nun an behaupten.
Schon in der Verlagsvorschau der Hobbit Presse stach mir dieses Buch ins Auge. Nicht wegen des schlichten Covers oder des Titels, sondern wegen des Autorennamens. Denn High Fantasy – mein liebstes Genre – ist tatsächlich eine eher von männlichen Autoren dominierte Sparte in der Buchwelt.
Ich muss gestehen, dass ich tatsächlich nur aus diesem Grund so gespannt auf die Geschichte war, denn der Klappentext ist so nichtssagend, dass der mich einfach nicht vom Hocker reißen konnte.
Es war definitiv nicht Liebe auf den ersten Blick zwischen „Der Untergang der Könige“ und mir.
Abwechselnd erzählen Khirin und seine Wächterin Klaue die Geschichte von Khirins Leben – zumindest bis zu dem Punkt seiner Gefangennahme. Doch wird die Geschichte von den beiden nicht in chronologischer Reihenfolge erzählt, sondern in einem steten Wechsel. Khirins Part setzt zu einem viel späteren Zeitpunkt in seinem Leben an und Klaues Strang seines Lebens vor diesem. Ich brauchte einige Kapitel, um mich in der Geschichte zu sortieren und kaum hatte ich mich eingewöhnt, so kam der nächste stilistische Kniff der Autorin. Denn die Geschichte ist durchsetzt von Fußnoten, die sehr detailliert historische Personen, Gegenstände oder Ereignisse der Welt kommentierten.
So vergingen 200 Seiten und ich hatte noch immer nicht das Gefühl, wirklich zu verstehen, was die eigentliche Geschichte des Buches nun sein sollte.
Um vorweg zu greifen: Ich ahne erst jetzt, was eventuell in den beiden folgenden Bänden thematisiert werden könnte. Und bin restlos begeistert!
Ja, es war nicht Liebe auf den ersten Blick, sondern eine Anziehung, die sich im Laufe der Geschichte immer mehr und mehr aufbaute und mich regelrecht süchtig werden ließ.
Auch wenn der Start in die Geschichte lange dauerte, ich mich wirklich auf das Buch konzentrieren musste, so erhöhte sich doch mehr und mehr mein Tempo und die letzten 300 Seiten des Buches musste ich einfach am Stück lesen, da ich das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen konnte. Zu spannend war der durchdachte Plot, zu sehr waren mir einige Charaktere ans Herz gewachsen. Und Jenn Lyons schaffte es immer wieder aus Neue, mich zu überraschen.
Auf Grund der Vielschichtigkeit der Geschichte kann das Buch nicht zwischen Tür und Angel gelesen werden. Das musste ich „schmerzlich“ am eigenen Leib erfahren, als ich versuchte, das Buch in der Bahn auf dem Weg in die Uni zu lesen. Da ich mich einfach nicht genug auf die Handlung konzentrieren konnte, verpasste ich wichtige Schritte und musste die Szenen noch einmal in Ruhe zu Hause lesen. (Außerdem tut es nach einer halben Stunde ganz schön in den Fingern weg, wenn man diesen Wälzer mit einer Hand hält. Auch hiervon kann ich nur abraten...)
Neben dem Wechsel der Zeiten und der Fußnoten ist die Handlung selber sehr vielschichtig und anspruchsvoll. Charaktere sind mitunter nicht die, die sie zu sein scheinen beziehungsweise vorgeben, verwandtschaftliche Beziehungen sind so eng verwoben und verstrickt und werden doch aufgelöst und neu verknüpft und die Handlungsorte können ebenso schnell wechseln wie Loyalitäten in dieser Geschichte.
Zugegeben, ein paar Namen mit anderen Anfangsbuchstaben als „K“ und „T“ hätten die Verwirrung mehr eindämmen können.
Jenn Lyons hat es geschafft, sich mit ihrem einmaligen und fantastischen Schreibstil verknüpft mit ihrem Geschick für kniffreiche Handlungen und Plottwists etwas holprig aber unumgänglich neben High Fantasy „Meister“ wie Rothfuss oder Sanderson zu stellen. Und kann sich an diesem Platz definitiv behaupten.
Ich kann die Veröffentlichung des zweiten Bandes nicht erwarten und verbleibe voller Hoffnung in diese weibliche Stimme der High Fantasy!
Sehr anstrengend
von Lilli33, 15. Oktober 2019
„Der Untergang der Könige“ ist der 1. Band eines mehrbändigen Fantasy-Epos. Das Buch ist nicht nur aufgrund seines Gewichts und seiner Dicke anstrengend zu lesen, sondern vor allem wegen seines Inhalts.
Die ersten ca. 750 Seiten werden aus zwei wechselnden Perspektiven erzählt. Der junge Kihrin sitzt im Kerker und wird von der Gestaltwandlerin Klaue bewacht. Sie zwingt ihn seltsamerweise dazu, ihr seine Geschichte zu erzählen, obwohl sie sie bereits kennt, da sie seine Gedanken lesen kann. Kihrin beginnt mit seiner Erzählung an dem Punkt, wo er versklavt wurde. Das ist Klaue nicht genug, und so erzählt sie selbst aus der Zeit davor. Abwechselnd werden die Handlungsstränge weitergesponnen, bis beide in der Gegenwart angekommen sind. Beide Geschichten werden später von Thurvishar D’Lorus transkribiert und mit einer Vielzahl von Fußnoten versehen. Das mag ich persönlich gar nicht, weil es den Lesefluss doch erheblich stört.
Der Sinn dieser Zweiteilung der Geschichte hat sich mir leider nicht erschlossen. Eine einzige chronologische Erzählung hätte ich hier besser gefunden.
Die phantastische Welt, die Jenn Lyons sich ausgedacht hat, bietet nichts wirklich Neues. Es gibt Dämonen und Drachen, Adlige und Sklaven, Zauberer und Götter und so etwas wie Elfen, nur heißen sie hier anders. Das Setting mutet eher mittelalterlich an - man fährt in Kutschen oder reitet auf Pferden -, dazu passt die manchmal etwas zu lockere, neuzeitliche Sprache nicht. Auch der Anflug von Humor, der sich zuweilen irgendwo versteckt, erschien mir unpassend. Denn witzig ist die Geschichte überhaupt nicht. Sie ist geheimnisvoll und grausam, durchzogen von Intrigen. Und ziemlich kompliziert.
Stellenweise hatte ich den Eindruck, jeder liegt mit jedem im Clinch und nichts ist, wie es scheint. Dies mag auch daran liegen, dass man nie genau wissen konnte, wer sich hinter einer Figur gerade verbirgt, denn viele können ihre Gestalt verändern bzw. ihre Seelen schlüpfen in den Körper eines anderen. Weiter behaupten manche, irgendjemand sei ihr Sohn, obwohl es nicht stimmt, oder ein Vater verleugnet sein Kind. Man bekommt es so mit einer riesigen Anzahl von Namen zu tun, die zu weit weniger Charakteren gehören und die man zuweilen schwer auseinanderhalten kann. Erschwerend kommt hinzu, dass viele davon praktisch keine Rolle spielen, weil sie längst tot sind. Andererseits kann man bei den Toten nie wissen, ob sie wirklich tot sind. Man muss hier echt mit allem rechnen.
Im Anhang befindet sich ein Stammbaum der verschiedenen Adelshäuser, aus dem man die Verflechtungen der einzelnen Personen ersehen kann. Dieser ist mit Vorsicht zu genießen, da viele Verbindungen, die hier aufgezeigt sind, erst im Lauf der Geschichte ans Tageslicht kommen und man gespoilert wird, wenn man zu früh auf den Stammbaum schaut.
Das ebenfalls hinten angehängte Glossar mit verschiedenen Begriffen und Personen kann dagegen relativ problemlos während der Lektüre herangezogen werden. Die Aussprachehinweise fand ich eher verzichtbar, denn die Regeln, die Jenn Lyons sich ausgedacht hat, sind so kompliziert, dass man besser einfach liest, wie es einem in den Sinn kommt.
Geister, Drachen und Dämonen
von Sago, 29. September 2019
Als lebenslanger Fantasy-Fan bin ich immer auf der Suche nach Büchern, die es noch schaffen, sich vom üblichen Strickmuster abzuheben und noch elektrisieren können. Mit dem ersten Teil der Drachengesänge ist das der Autorin tatsächlich gelungen. Dabei muss sie sich nicht einmal von einem der üblichen Ausgangspunkte, einem jungen Mann ungewisser Herkunft, verabschieden. Was sie dann zaubert, ist in der Tat ungewöhnlich und faszinierend.
Khirin sitzt im Gefängnis. Vor seinem Kerker kauert Klaue, ein gestaltwandelndes Ungeheuer, das ihn nötigt, seine Geschichte zu erzählen. Doch Klaue ist damit noch nicht zufrieden, denn Khirin beginnt nicht früh genug, so dass sie selbst zu erzählen beginnt. So entfalten sich Khirins Erlebnisse auf zwei Zeitebenen. Und wir müssen uns fragen, ist Khirin, der bei Pflegeeltern aufwuchs, in Wirklichkeit ein Prinz oder selbst ein Ungeheuer?
Da beide Handlungsstränge nicht all zu weit auseinanderliegen, erfordert das Lesen, vor allem, wenn man nur sporadisch dazu kommt, wirkliche Konzentration. Mit der komplexen Welt, komplizierten Familienverhältnissen und mehrfachem Körpertausch, untermalt von Fußnoten eines Chronisten, ist es nicht immer leicht, die Übersicht zu behalten. Die farbenprächtige Erzählweise und Dialoge mit witzigem Schlagabtausch machen das aber mehr als wett und lassen ungeduldig auf den nächsten Teil warten.
Gewaltiger Fantasy Epos
von Petra, 27. September 2019
Das Buch ist gewaltig, egal wie man es betrachtet. Über 800 Seiten, unzählige wichtige Protagonisten, Magie, Grausamkeit und Geschichte.
Kihrin sitzt im Gefängnis und vor seiner Zelle als Wächter ein Ungeheuer. "Erzähl mir eine Geschichte" sagt es und Kihrin erzählt.
Im Wechsel mit dem Ungeheuer wird seine Lebensgeschichte erzählt. Immer abwechselnd berichtet mal Kihrin, mal das Ungeheuer denn es frisst Erinnerungen und kennt daher die Geschichte genauso gut.
Es ist eigenartig diese Art zu lesen, denn die Zeitenwechsel sind keine Rückblenden auf vergangene Jahre wie es eigentlich sonst geschrieben wird, sondern jeder erzählt als ob sein Teil der Geschichte gerade erst passiert ist. Das Ungeheuer erzählt die Kindheit und Jugend des Jungen. Der Junge die Gegenwart . Dazu gibt es einen Berichterstatter.
Die Fantasy Geschichte ist kompliziert, spannend, aufregend und noch lange nicht zu Ende.
Von Anfang an war das Buch interessant, kaum gab es eine Atempause, es ging Schlag auf Schlag, man braucht ein gutes Gedächtnis um mit den vielen Personen und ihren Fähigkeiten Schritt zu halten, ein Vorteil das man es vor Spannung kaum aus der Hand legen kann.
Wenn die Autorin diesen anspruchsvollen Schreibstil durchhalten kann, dann freue ich mich auf die nächsten Bände.