Einer der ganz Großen
von adamserbe, 29. November 2016
Harald Schwinger ist für mich seit seinem Debütroman 'Das dritte Moor' (2006) einer der ganz großen Literaten, und das nicht nur aus diesem Land Kärnten, sondern im gesamten deutschsprachigen Raum. Er versteht es, Begebenheiten, Geschichten, Charaktere - und seien sie noch so 'krank' - so zu beschreiben, als wären sie Teil unseres Alltags. Was heißt 'wären' - sie sind es! Lebensnah und vorstellbar, Bekannten gleich. Das Besondere an Schwinger: Er braucht dafür nicht viel und vor allem keine 'überkandidelte' Sprache oder gar mit Adjektiven und Adverben überladene Metaphern. Das Fabulierte reicht. Schwinger beherrscht eine Erzählform, die jeder versteht, in die jeder sofort hineinkippen kann, sofern er/sie es zulässt, und die dennoch nie banal ist. Er schreibt drehbuchartig. Oder, was eigentlich noch viel besser ist: Das Drehbuch entsteht im Kopf jedes einzelnen Lesers.
Wie tief auch die Abgründe, die sogenannten Untiefen der menschlichen Seele sind, die er beschreibt, so skurril sind seine Aktionen, Wendungen und Dialoge, die er seinen Figuren auf den Leib schreibt. Schwarzer Humor? Ja, aber auch Slapstick, Achternbusch, H.C. Artmann, Monty Python, Hitchcock ... Besonders gut gelingt ihm das im neuen Erzählband 'Mirós Mädchen', den er mit zehn 'Menschengeschichten' belebt. Mit Geschichten, die das Leben schreibt, aber die besser nur geschrieben als erlebt sein wollen.
Das Wort 'Meisterwerk' wird leider allzu oft strapaziert, aber Schwinger ist mit seinem Roman 'Die Farbe des Schmerzes' (2013) und den neuen Geschichten rund um 'Mirós Mädchen' nah dran. Wenn nicht sogar sehr nah dran!